Yaron Herman Trio | 12.11.2010

Neuburger Rundschau | Dr. Tobias Böcker
 

Kaum hält es ihn auf dem Hocker: Mal steht er am Flügel, mal kriecht er fast darunter, dann wieder beugt er sich hinein, fasst in die Saiten des Bösendorfers. Yaron Herman dürfte einer der temperamentvollsten Künstler sein, die das Birdland bisher in der Reihe „Art Of Piano“ erlebt hat. Mit Chris Tordini am Bass und Tommy Crane am Schlagzeug hatte er zwei Brüder im Geiste an Bord.

Der 29jährige, in Paris lebende Israeli kann als echte Entdeckung am Pianohimmel gesehen werden. Er vereint Intelligenz, Inspiration und Intensität mit Gravitation, Groove und Grunge, Trance und Transparenz.

Immer wieder erstaunlich, wie unterschiedlich das Miteinander von Klavier, Bass und Schlagzeug aufgefasst und umgesetzt werden kann! Und ab und zu gibt es dann Konzerte, bei denen klar wird: Hier geschieht etwas Neues, Unerwartetes, wird ein individueller Weg beschritten, der das bisher Gehörte nicht einfach fortführt, sondern auf eine andere Ebene hebt. Selbstredend bezieht die Musik der Drei die Tradition ein, das Erbe Bud Powells, Thelonious Monks, Bill Evans‘, Paul Bleys, Keith Jarretts. Hinzu kommt die kompromisslose Intensivbehandlung der Musik, wie sie das Trio EST um den 2008 verstorbenen schwedischen Pianisten Esbjörn Svensson geprägt hat.

Das Material reicht von der klassisch anmutenden „Cadenza“, die es ganz zum Schluss gab, über den Gene DePaul Standard „You Don’t Know What Love Is“ und Frank Churchills „Baby Mine“ bis zu Radioheads „No Surprises“, Curt Cobains „Heart Shaped Box“ oder dem israelischen Popsong „Ein Gedi“, ein turbulenter Flug mit den „Airlines“ zum „Mountain in G-Minor“, groovig, zerklüftet, mit Schrunden und Spitzen, aber machtvoll, kraftvoll, wuchtig, ohne je ins Laute umzuschlagen.

Was da aus Piano, Bass und Schlagzeug in den Keller prasselt, regnet, funkt und brennt, ist von energetischer Kraft und Pracht, dabei intelligent konstruiert, immer wieder auch von poetischer Tiefe, dann wieder ein bisschen bizarr und schräg, frei nach dem Motto „Follow The Whiete Rabbitt“: Volltönend geblockte Akkorde, wieselflink quirlende Arpeggien, tranceartig hermetische Ostinati mit minimalistischen Verschiebungen, lyrische Passagen, lässiger Swing und heftiger Groove mit „Aladins Psychedelic Lamp“ auf der Intensivstation. Ein Abend, der lang in Erinnerung bleiben wird!