John Scofield Trio | 12.11.2010

Neuburger Rundschau | Dr. Tobias Böcker
 

Ausnahmsweise nicht im Jazzclub, sondern im Stadttheater gastierte, der erwartet großen Nachfrage wegen, der hochkarätige Gitarrist John Scofield bei seinem dritten Gig in Neuburg nach 2000 und 2003: „Good to be back!“ Der Amerikaner zeigte sich von dem Ambiente überaus angetan – „You must be lucky.“ – und spielte gemeinsam mit Steve Swallow am Bass und Bill Stewart am Schlagzeug ein herausragendes Konzert.

„Sco“ bildet eine singuläre Erscheinung im Jazz, entwickelt in dichter, risikoreicher Virtuosität eigenwillige, kantige, verwinkelte Läufe aus hart angesetzten Akkorden. Sein rockig angehauchter Sound ist unverkennbar, leicht angezerrt, mit unbequem kurzem, hart abgerissenem Sustain, zu dem sich der in rundem Ton förmlich singende E-Bass Steve Swallows in brüderlichem Kontrast und hoher Melodiosität entfaltet. Bill Stewart zeigt sich einmal mehr in Neuburg als ungemein intelligenter und sensibler Drummer, mit leiser Ironie, feinster Dosierung und einem unnachahmlichen Gespür für Struktur und Melodie eines Songs.

Alle drei sind avancierte und weltweit anerkannte Größen ihres Fachs, spielen seit vielen Jahren zusammen. Das ermöglicht eine ideale Balance von spannungsgeladener Kreativität und entspanntem Miteinander, eröffnet Räume und erschließt Dialoge. Zwar hält sich das Konzert in der Dramaturgie der Stücke an das gute alte Thema-Solo-Thema-Schema, das macht aber nichts, haben doch alle drei wirklich etwas zu sagen, zeigen sich als hochsensible Begleiter, befeuernde Kompagnons und schöpferische Solisten.

Scofield, Swallow und Stewart gehen ganz in ihrem Tun auf, kriechen förmlich in die Musik hinein, sei es im klassischen Jazzstandard „Someone To Watch Over Me“, den Scofield, alle Verzweiflung unerfüllter Sehnsucht in die Saiten, fast in seine Bestandteile zerlegt, der Country-Ballade „Just A Girl I Used To Know“ oder dem sprudelnd kochenden „Green Tea“. Das bleibt beim „Trio Blues“ nicht stehen, sondern entwickelt Energie und Drive, schräg, groovig und funky: „Chirikawa“.

Ganz zum Schluss dann die bilderreiche Hommage an Carla Bley mit deren „Lawns“ als Ausblick auf das nächste Highlight im Birdland: Am 26. November ist die Grande Dame des modernen Jazz im Neuburger Birdland zu Gast.