„WortKlangBild“. Unter diesem Titel findet alle zwei Jahre eine „Lange Nacht der Museen“ in Neuburgs historischer Altstadt statt. 22 Veranstaltungsorte machen mit, und weil für den musikalischen Teil unter anderem das Birdland zuständig ist, gibt’s dort folglich eine „Lange Nacht des Jazz“. Mit drei Bands, die alle eine Gemeinsamkeit verbindet: Die beteiligten Musiker haben auf irgendeine Weise mit Neuburg oder der Region zu tun.
Da ist zum einen das JLO -Quartett mit Jens Lohse (Klavier), Christof Zoelch (Tenorsaxofon), Michael Harnoß (Kontrabass) und Tom Peroutka (Schlagzeug). Die Band beschäftigt sich auf eine sehr reife Art mit Latin und Soul Jazz, intoniert behutsame Versionen von „Harlem Nocturne“ und dem Traditional „Sometimes You Feel Like A Motherless Child“ und schlägt den Bogen zu Carla Bley und der überaus reizvollen Bearbeitung eines Kirchenliedes unter dem Titel „Santa Mia“. Die Bandmitglieder liefern überzeugende Soli, spornen sich gegenseitig an und begeistern die Fans im rappelvollen Birdland in jeglicher Hinsicht.
„Just Friends“ nach ihnen haben es da ungleich schwerer, denn zwei tragende Säulen am Klavier und am Schlagzeug fehlen, weil die aktuellen Coronaregeln – im Birdland gilt 3 G Plus – „für sie wohl zu streng waren“, wie Sängerin Sonja Auer-Strobl erklärt. Nun, internationale Stars fahren extra quer durch die Republik, um im Birdland spielen zu können, andere fühlen sich außer Stande, eines der drei G’s auf sich anzuwenden. Man muss das akzeptieren, verstehen muss man es nicht. Den Schaden hat die Restband, die Vokalistin, die die Lage erklären muss, Richard Iberle am E-Bass, die beiden Gitarristen John Grund und Norbert Knoblach und der flugs von der ersten Band ausgeliehene Tom Peroutka. Sie versuchen zu retten, was eigentlich nicht zu retten ist, wenn ein Drittel der Band ausfällt, bringen aber doch recht hörenswerte Versionen von „Sunny“, „Summertime“, „Papermoon“, „Loverman“ und anderer Standards zustande und bekommen dafür auch den berechtigten Applaus. Hut ab für den Mut, sich unter dermaßen erschwerten Bedingungen der Situation zu stellen und sich dabei immerhin noch recht ordentlich zu schlagen.
„Die Seemänner“ mit Manfred See (E-Bass, Kontrabass), Bernhard Reitberger (Perkussion), Sven Wittig (Tenorsaxofon) und Steffen Mayer (Klavier) sind ein Produkt des Lockdowns. Virtuell einstudiert, arrangiert und geprobt, nun erstmals live vor echtem Publikum. Ja, es ist tatsächlich der erste Auftritt der Band. Und man merkt gar nichts davon. Ihre Stärke sind eigenständige Interpretationen von Stücken, die sonst eigentlich niemand covert. Keith Jarrett, Chick Corea und John Lewis stehen ebenso auf der Playlist wie Dollar Brand und Don Grolnick. Wie die Band zwischen Mainstream, Modern Jazz und Fusion pendelt, ist sehr bemerkenswert, wie sie Räume findet oder selber schafft, sie auf ihre Bedürfnisse hin auslotet und mit eigenen Ideen füllt, ist zu diesem frühen Zeitpunkt absolut überraschend. Hier bietet sich vier Musikern die Gelegenheit, in einem der berühmtesten Jazzclubs hierzulande vor ausverkauftem Haus die ersten Schritte als Band zu tun. Kein Wunder, dass das Quartett sich diese Chance nicht entgehen lässt.