Joe Wulf Swing Quartet | 15.10.2021

Donaukurier | Karl Leitner
 

Eigentlich machen der Posaunist Joe Wulf, der Pianist Gero Körner, der Kontrabassist Jochen Schaal und der Schlagzeuger Bernhard Flegar etwas, was im Bereich des klassischen Swing relativ oft vorkommt. Sie spielen Stücke von Louis Armstrong bis Duke Ellington und von Fats Waller bis Benny Goodman mit dem erklärten Ziel, damit ihr Publikum bestmöglich zu unterhal­ten. Genau das tun sie auch bei ihrem Gastspiel im Birdland in Neuburg.

Swing – das war in vielerlei Hinsicht ja irgendwie der Pop der 30er und 40er Jahre, gespielt von großen Orchestern in den Ballrooms der Metropolen und von kleineren Combos in den Juke Joints der Provinz. Man tanzte dazu, amüsierte sich und die Band lieferte den Soundtrack für einen entspannten Samstagabend. Joe Wulf und seine Band sehen sich in dieser Tradition, der Chef gibt den launigen, nie um einen Witz verlegenen Entertai­ner, die Band reißt das Publikum in mu­sikalischer Hinsicht mit und alle sind zu­frieden.

Die Musik zwischen Hoagy Carmicha­el’s „Stardust“, Armstrong’s „Basin Street Blues“ und Johnny Mercer’s „Tan­gerine“ wird aus heutiger Sicht bisweilen als altmodisch oder angestaubt empfun­den, vielleicht sogar als allzu leicht ver­daulich, was sie aber im Gegensatz zum heutigen Pop nicht ist. Deswegen bewegt sich Wulf auch auf einem ziemlich schmalen Grat, wenn er sein Publikum zum Mitmachen auffordert, gleichzeitig aber darum bemüht ist, die musikalische Substanz der Kompositionen nicht zu be­einträchtigen. „Man kann mit einer Po­saune jede Menge Unfug anstellen“, be­merkt er und grinst dabei, beweist auch gleich, dass das tatsächlich möglich ist und kommt vermutlich auch und gerade deswegen so gut an. Lässig, cool, gut drauf – diese Mischung zieht immer. Und wenn dann noch der Swing-Faktor stimmt und die Band technisch so ver­siert ist wie diese hier im Birdland, ist alles bestens.

In der Tat, mit spielerischer Leichtig­keit spult das Quartett sein Programm ab, zaubert immer wieder Stücke aus dem Hut, die man begrüßt wie gute alte Freunde, von denen man viel zu lange nichts gehört hat. Gero Körner schwingt sich anläss­lich Erroll Garner’s „Misty“ zu einem absolut spektakulären Solo auf, Bernhard Flieger wandelt auf den Spuren von Max Roach und Gene Kru­pa und Jo­chen Schaal gibt unerbitt­lich die Spur vor, während Wulf den Kontakt zum Pu­blikum hält. Das hat Charme, ist witzig – wenngleich es Wulf auch bisweilen ein wenig übertreibt – und die Songs werden vor allem tight, ja, an manchen Stellen des Konzerts richtig­gehend mitreißend gespielt.

Natürlich gibt es weltweit hunderte von Bands, die genau das gleiche tun wie das Joe Wulf Swing Quartet an diesem Abend im Birdland. In diesem Fall frei­lich hat das Alltägliche Charme und Es­prit und das Publikum bekommt musi­kalische Unterhaltung mit Niveau und Wohl­fühl-Garantie. Wulf und seine Be­gleiter sind die zuverlässigen Garanten dafür, dass dies über zwei Stunden hin rei­bungslos klappt. Den Jazz neu erfin­den will diese Band zu keiner Zeit. Da­für sind andere zuständig.