Joe Wulf Swing Quartet | 15.10.2021

Neuburger Rundschau | Dr. Tobias Böcker
 

Die authentische Atmosphäre der Swing-Ära war mit Händen zu greifen beim Auftritt des Joe Wulf Swing Quartet im Neuburger Birdland Jazzclub. Die vier Musiker riefen musikalisch den swingenden Geist der 30er und 40er Jahre wach und trugen seine Wirkung unverwässert in die frühen 20er des 21. Jahrhunderts.

Bigbands, Tanz und Ballsaal, rauschende Feste, beschwingte Eleganz, festliche Roben, Fracks und Smokings, Champagner und Lebensfreude. Der Gedanke an die Swing-Ära weckt viele Assoziationen, auch die Erinnerung an das kreative Musizieren in den kleinen Clubs, in denen hart swingende Combos Leben in die Bude brachten. Die spezielle Mischung aus tänzelnder Lockerheit und musikalischer Konzentration drückte dem Jazz einen stilistischen Stempel auf, der bis heute prägend nachhallt. So ungemein aktuell wie zeitlos präsentierte das Quartett um den international hoch geachteten Koblenzer Posaunisten Joe Wulf etliche Pretiosen des swingenden Jazz und garnierte sie mal um mal mit virtuosen Sahnehäubchen.

In hoher innerer Stimmigkeit widmeten sich Joe Wulf an der Posaune, Gero Körner am Flügel, Jochen Schaal am Bass und Bernard Fleger am Schlagzeug den kultverdächtigen einschlägigen Standards der Zeit. Ein kleiner Höhepunkt dabei die lustvoll frische Version von Fats Wallers »Jitterbug Waltz«, dem ersten erfolgreichen Walzer der Jazzgeschichte.

Das Schöne am Jazz ist ja seine Unberechenbarkeit im Detail. Selbst ein sehr vertrautes Genre, das die Hörgewohnheiten musikalischer Normalverbraucher nur mäßig strapaziert, kann feine Überraschungen bereithalten, die jeglicher Langeweile vorbeugen, wenn wirkliche Könner am Werk sind. Gero Körner etwa intonierte am Bösendorfer Errol Garners »Misty« in einer großartigen Mischung aus Innigkeit und fingerflinker Virtuosität, Jochen Schaal veredelte den alten Nostalgiker »Do You Know What It Means to Miss New Orleans« mit einem ungemein eleganten Bassolo und Bernard Fleger ließ die Trommelstöcke nur so fliegen in Benny Goodmans »Avalon«. Zum Schluss durfte auch der gute, böse alte »Mack the Knife« nicht fehlen im Reigen der Erinnerung. Neben seiner seidig-geschmeidigen Posaune hatte Joe Wulf eine sonore Baritonstimme mitgebracht, die in der Zugabe auch der »Whisky Drinking Woman« noch eine bluesige Träne nachweinte. Pure Begeisterung im Birdland!