Wolfgang Haffner Trio | 22.09.2017

Neuburger Rundschau | Dr. Tobias Böcker
 

Zum 188. Mal gab’s im Birdland im Rahmen der Reihe Art of Piano zu bewundern, wie kreativ und mitreißend sich Kammermusik im Jazz entfalten kann. Zumeist in der klassischen Triobesetzung Piano, Bass und Schlagzeug haben sich im Neuburger Jazzclub in den letzten gut dreieinhalb Jahrzehneten die internationalen Stars die Klinke in die Hand gegeben.

Diesmal trafen sich drei Deutsche zum Trio, Crème de la Crème der nationalen Szene, mit allen Wassern gewaschen und hervorragend aufeinander eingespielt in anderer Besetzung, u.a. mit Till Brönner. Als Trio allerdings eine Rarität: Wolfgang Haffner am Schlagzeug, Christian von Kaphengst am Bass und Frank Chastenier am Flügel, alle drei gewohnt vor großer Kulisse aufzutreten, nur in besonderen Augenblicken in der intimen Atmosphäre eines Clubs zu erleben.

Zwei waren schon dagewesen in Neuburg an der Donau, Chrsitian von Kaphengst in der Band von Till Brönner, Wolfgang Haffner – beileibe nicht zum letzten Mal – bereits beim allerersten Konzert im Keller unter der Hofapotheke am 1.2.91 mit Dusko Goykovich. Es war wohl Wolfgang Haffner, der seinen Freund Frank Chastenier davon überzeugte, dass Neuburg ein besonderer Ort sei, an dem ein Auftritt allemal inspiriere. Was sich prompt bewahrheitete. Auch im hochgradig verwöhnten Neuburg ist ein derart beflügelter Pianoabend selten, wie ihn das Wolfgang Haffner Trio hinlegte. Alle drei spühten nur so vor Spiellust und -laune.

Es muss nicht immer laut sein, wenn ein Schlagzeuger eine Band leitet. Haffner ist ein Meister der Differenzierung, der Zwischentöne, der sublim pulsierenden Detaillierung. Sein hinreißendes Solo zu Michel Legrands Filmmusik „Les Parapluies de Cherbourg“ offenbarte eine große Liebe zum Fluss der Melodie. Haffner ist kein Showtrommler, seine besondere Stärke zeigte sich in der bezwingenden Kraft, mit der er rhythmische Akzente und melodische Impulse zusammenbrachte in organischem Miteinander. Dem passte sich Christian von Kaphengst seelenverwandt an mit geradezu sanglich gespielten Bass.

Orchestral dazu der Bösendorfer Flügel unter den Händen Frank Chasteniers: Der Pianist der WDR Bigband schüttelte die Ideen förmlich aus einem unerschöpflich wirkenden Füllhorn der Kreativität. Jede Menge kleine feine Überraschungen hielt seine sprudelnde Phantasie parat, die auch vermeintlich alte Standards wie „Cheek to Cheek“ zu blühendem Leben erweckten. Wobei auch das Repertoire des Trios sich in großer Bandbreite enfaltete, am besten vielleicht verdeutlicht, wenn auf Friedrich Hollaenders „Ich bin von Kopf bis Fuß auf Liebe eingestellt“ Herbert Grönemeyers „Mensch“ folgte in wunderbarer Zeitlosigkeit popmusikalischer Kontinuität. Chastenier pirschte sich je und je an die Melodien an, spürte sie auf von für Ton, zum Teil in fast unkenntlich machender Entschleunigung, machte sie sich zu eigen und entfaltete sodann Stück für Stück sprühenden Zauber: Bei dir war es immer so schön. Ein großer Moment in einer einzigartigen Reihe!