Wolfert Brederode Quartet „radioJazznacht extra“ | 11.02.2012

Neuburger Rundschau | Christian Wurm
 


im Rahmen des 2. Birdland Radio Jazz Festivals (11.02.2012)

Das 2. Birdland Radio Jazz Festival endete mit einem leisen aber um so intensiveren Konzertabend voller Poesie. Nach dem rhythmusbetonten Powerkonzert von Kenny Garrett am Donnerstag und der unwiderstehlichen Performance von Dee Dee Bridgewater am Freitag konnte der Kontrast am heutigen Abend nicht größer sein. Aber gerade diese enorme Vielfalt auf Weltniveau machen dieses kleine, noch junge Festival zu einem Juwel, das in der Jazzlandschaft schon heute ein gewisses Alleinstellungsmerkmal besitzt.

Der holländische Pianist Wolfert Brederode ist ein „hoffnunsloser“ Romantiker im besten Wortsinn. Er eröffnet dem Publikum eindringliche, eigenständige  Klangwelten von ganz besonderem Reiz, bei denen überwiegen die leisen, zarten Töne überwiegen. Dabei stellen sich auch die Bandkollegen ganz in den Dienst der Sache. Die feinfühlig agierenden Claudio Puntin an den Klarinetten und Mats Eilertsen am Bass bilden die Ergänzung und den teilweise fast mystischen Gegenpart zum Klavier. Samuel Rohrer, der mehr sensibler Percussionist und Geräuschemacher denn Drummer ist, ergänzt dieses großartige Ensemble aufs Vorzüglichste.

An diesem Konzertabend, dessen zweiter Teil der BR im Rahmen der vierstündigen „Radio Jazz Nacht“ live in seinem zweiten Programm übertrug, wurden überwiegend eigene Stücke aus dem neuesten Album „Post Scriptum“ dargeboten.  Mit dem Titelstück begann das Konzert geheimnisvoll und fast ein bisschen melancholisch. „Inner Dance“ und „Mäander“ lassen imaginäre Naturbilder vor dem geistigen Auge des Zuhörers entstehen. Letzterer der Titel trifft die Stimmung der Musik wohl am Genauesten: Alles fließt, meist in ruhigen, nuancenreichen  Tönen; mal leicht an- und abschwellend, sich hin und wieder behutsam neue Wege suchend. In „Sofja“ wird es fast sphärisch. Dem Intro verleihen der gemeinsam gespielte gestrichene Bass und die Bassklarinette ihre ganz eigentümliche Klangcharakteristik. Beim tiefen Grummeln könnte man an einen düsteren Wald im Morgengrauen denken. Nur langsam lichten sich die Nebel und  ganz allmählich setzt das zarte, lyrische Klavier-
Thema ein.
Die beiden letzten, zusammenhängend gespielten Stücke „Curtains“ und „Angelico“ werden zum Ende des offiziellen Konzertes noch einmal zu einem Höhepunkt. Beginnt das erstere, bei dem Samuel Rohrer auch mal mit dem Geigenbogen über die Becken streicht, noch sehr andachtsvoll, so steigert sich das letztere durch das stakkatoartig anschwellende Klavier zu einem großartigen, fast hymnischen Ende.
Dass nach diesem großartigen Konzert das Ensemble um die ein oder andere Zugabe nicht herum kam, war nur folgerichtig.