Kaum irgendwo gibt’s das: Ein rein akustisches Quartett, ohne eine einzige elektrische Zutat, pur, klar, klasse. Mit dem Sinti-Gitarristen Wawau Adler war einer der besten derzeit zu erlebenden Gypsy-Jazzer zu Gast im Neuburger Birdland, gab Djangologisches „back to the roots“ und weit darüber hinaus.
Es war eine historisch wohl einmalige glückliche Stunde, als das Quintette du Hot Club de France um Django Reinhardt und Stephane Grappelli 1934 einen Musikstil erfand, wie er bis dato nicht gehört war. So wie der amerikanische Jazz einen ersten personifizierten Kulminationspunkt in Louis Armstrong fand, so wenig kann die Bedeutung Django Reinhardts für den europäischen Jazz überschätzt werden.
„Wir können als Europäer stolz darauf sein, dass dieser Mann nach Europa holte, was sich da in Amerika entwickelt hatte“, betont Wawau Adler denn auch, nicht ohne geschichtsbewusst hinzuzufügen, dass es ein Sinto war, der den ersten bedeutenden eigenständig europäischen Impuls in den Jazz einbrachte.
Eine ganze Armada von Epigonen müht sich mehr oder weniger originell am Erbe des 1953 verstorbenen Übervaters ab. Selten schafft es einer, die Fußstapfen nicht nur mit Virtuosität zu füllen, sondern den Pfad weiterzugehen, Eigenständiges zu entwickeln und aus dem Schatten der Legende herauszutreten.
„Blues in mineur“: Wawau Adler ist einer dieser wenigen, ein – das freilich gehört dazu – unglaublich virtuoser Gitarrist auf der eigens für ihn fabrizierten Golda-Custom-Gitarre, einer, der bei aller Verwurzelung im überkommenen Idiom Eigenes schafft, den Sound der Väter weiterführt in Punkto Melodiosität, Phrasierung, Freimut, einer, der die ganze Geschichte des modernen Jazz mit einbringt ohne die Herkunft zu leugnen oder zu überwuchern.
Exzellent ergänzt sich die Adlers Gitarre durch das Akkordeon von Marcel Loeffler. Der spielt mit allen Facetten elementarer Emotion, Freude und Trauer, Sehnsucht und Hoffnung, Liebe und Schmerz, Überschwang und Einsicht, ein Magier unmittelbarer Authentizität: „Nuages“.
Nicht zu vergessen bei all dem das Fundament, ohne das alles nichts wäre, Joel Lochner am schier heiß laufenden Bass mit markantem Sound und phantasievollen Linien, Mario Adler mit unentwegt lebendig swingender Rhythmusgitarre.
Was da zu hören war im Birdland, war Jazz mit Vergangenheit, Gegenwart, Zukunft, schlechthiniger Zauber einer Musik, die die Zeit vergessen lässt.