Viviane de Farias, feat. Barth & Morello | 29.09.2007

Neuburger Rundschau | Dr. Tobias Böcker
 

Woran denkt der sturmgebeutelte Zeitgenosse im unwirtlichen mitteleuropäischen November? Sonne, Sommer, Sandstrand – am besten weit weg auf der Südhalbkugel, am besten im Direktflug nach Rio de Janeiro. Mehr als nur einen Hauch des Flairs der Copacabana brachte Viviane de Farias ins Audi Forum Ingolstadt, die Sängerin aus Ipanema, einer der Geburtsstätten der Bossa Nova.

Viviane de Farias ist eine überaus authentische Botschafterin der Musica Popular Brasileira. Nicht nur Klassiker gehören zu ihrem Repertoire, auch moderne Songs, nicht zuletzt solche, die ihr der Gitarrist Paulo Morello förmlich auf den Leib geschneidert hat. Die Stimme der Frau, die einst in der selben Straße wohnte wie Antonio Carlos Jobim, jener legendäre brasilianische Komponist, der die bekanntesten Melodien der Bossa Nova schuf, wartet mit einer wunderbaren Altstimme auf. Mal mit sinnlich verhangenem Timbre, dann wieder mit üppiger Fülle singt die klassisch ausgebildete Sängerin von tristezza und „felicidade“, von „Rio de Janeiro“ und der „Falsa Baiana“, bringt einen Klassiker wie Jobims „Fotografia“ mit ebenso sanft melancholischem Schmelz wie den Titelsong ihrer neuen CD „Na Hora da Paixão“, dessen Text von Johnny Alf stammt, einem der Väter der bossa nova, der das Gedicht Paulo Morello gab: „Hier, schreib die Musik dazu, mach einen Song daraus.“

Das Ergebnis spricht dafür, wie sehr der gebürtige Oberpfälzer die alma brasileira, die brasilianische Seele verinnerlicht hat seit seinem ersten Aufenthalt am Zuckerhut. Der Gitarrist mit dem seidigen Sound und dem eleganten Elan spielt seit vielen Jahren mit dem aus Dänemark stammenden Saxophonisten und Flötisten Kim Barth, reiste mit ihm nach Rio, wo beide mehr und mehr eintauchten in die Welt von Choros, Samba, Bossa Nova. Seit ihrer „Samba Nr. 1“ widmen sie sich nun gemeinsam der Pflege dieses faszinierend vielfältigen Kosmos auf unserer Seite des Erdballs.

Nicht zuletzt mit dem Italiener Franco Petrocca am Bass und dem Brasilianer Mauro Martins am Schlagzeug ist für einen sehr differenzierten Rhythmusteppich gesorgt, auf dem die Stimme Viviane de Farias in berückender Phrasierung allen Zauber entfalten kann, der die Phantasie sanft entführt in eine sonnendurchflutete andere Welt. Da ist gerade Frühling.