Walter Langs Tales Of 2 Cities | 16.11.2001

Neuburger Rundschau | Dr. Tobias Böcker
 

Kaum eine Band war in der letzten Zeit im Neuburger Birdland Jazzclub zu hören, die so intensive Spannungsbögen aufzubauen und zu lösen verstand, wie es Walter Lang’s Tales of 2 Cities vollführte. Das aktuelle Projekt des Münchener Pianisten konnte in handverlesener Besetzung einen weiteren echten Höhepunkt in die diesjährige Konzertsaison setzen.

Stimmungen, Schwingungen, Spannungsbögen und eine unvergleichlich dichte Atmosphäre: Walter Lang gelingt es, aus überschaubaren und nachvollziehbaren musikalischen Grundideen kleine Meisterwerke expressiver Erzählkunst zu schmieden in einer Symbiose von amerikanischen und europäischen Einflüssen und in ganz persönlichem Erzählgestus. Da kommt „Monsieur Hulot“, jener französische Seelenverwandte des großen Charlie Chaplin, in freundlich-friedlicher Grundstimmung in den Keller spaziert, entpuppt dortselbst die Tücke des Objekts mit all den kleinen Ecken und Kanten, die immer wieder den allzu flüssigen Lauf der Dinge stören. Dann wieder pulst pure Vitalität durch’s Gewölbe, lässt teilhaben an lauterer Lebensfreude und unvermitteltem Energiequell – „A Day At The Races“ – oder brodelnder Bewegung und innig versunkener Suche: „Hear What I Mean“. Ekkehard Rössle vereint am Saxophon in unaufgeregter Selbstverständlichkeit eloquente Geläufigkeit mit ideenreicher Linienführung, Peter Tuscher zeigt einmal mehr seinen untadeligen Ansatz, der Leidenschaft, Glut und Beherrschtheit in Eins zu setzen vermag. Drummer Rick Hollander trägt das Geschehen zu jedem Zeitpunkt auf einem engagiert und dicht geknüpften rhythmischen Netz und Philippe Aerts konstruiert am Bass klug strukturierte Fundamente. Walter Lang präsentiert sich als Pianist der Sonderklasse. So intellektuell und überlegt wie emotional und verletzlich arbeitet er sich durch zur Essenz seiner Stücke. Deren schönstes an diesem Abend: „Club Vinyl“ schlängelt sich ohrwurmartig in die Gehörgänge und Hirnwindungen mit seinen wiederkehrenden Klangfiguren, deren sehnsuchtsvoller Gleichmut mehr offenbart als verdeckt, was es auf sich hat mit dem Noch-Nicht unseres Daseins.