Silvia Droste & Cees Slinger Four | 16.11.2001

Neuburger Rundschau | Dr. Tobias Böcker
 

Eine der derzeit besten Jazzsängerinnen aus dem deutschen Sprachraum gastierte im Birdland Jazzclub in Neuburg. Mit ihrem Duke Ellington gewidmeten Programm und einer überragend souveränen Vorstellung eroberte Silvia Droste die Herzen im Sturm.

Talent, Erfahrung, Routine, perfekte Intonation, lehrbuchmäßiger Scatgesang und das gewisse Etwas in der Stimme, das kühl wie ein Eiswürfel wirkt und doch so heiß den Rücken herab rinnt: Silvia Droste beherrscht die hohe Kunst, Technik und Lebendigkeit, Kontrolle und Ausdruckskraft, Punktgenauigkeit und swing zusammenzuhalten. Bei aller Beherrschtheit geht ihre grandios eigenständige und kraftvolle Stimme tief unter die Haut. Dass sie bei der Suche nach Material so manchem Musikwissenschaftler Nachhilfestunden im Durchforsten der Archive geben könnte, macht es nur noch spannender.

Sie gibt sich nicht allein zufrieden mit den alten Schlachtrössern des Standardrepertoires, verhaftet nicht zum sonstwievielten Mal dessen übliche Verdächtige, sondern überrascht immer wieder auch mit selteneren Fundstücken wie „Rockin’ in Rhythm“ oder „Oh, Miss Jackson“. Letzterer verpasst sie kurzerhand auch noch eine knackig-fröhliche Geschichte und lässt ihr die bewundernde Achtung eines Männerchores zuteil werden. „Just in Time“ geht der Zug ab nach „Soulville“, verlangsamt die Fahrt, wenn er in sensiblem Timing die „Star Crossed Lovers“ trifft, beschleunigt wieder in ausgefeilt swingende Arrangements hinein: „Everything But You“.

Mit den Cees Slinger Four steht ihr eine hervorragend eingespielte Band zur Seite. Die lebt vom welterfahrenen swing ihres Leaders ebenso wie von den fließenden Singlenotes Rolf Marx’ an der Gitarre, dem leichtfüßig tänzelnden Puls Ingmar Hellers am Bass sowie dem so weich geblasenen wie konsequent phrasierenden Saxofon Matthias Nadolnys. Silvia Droste ist schon viel herumgekommen in ihrer fast zwanzigjährigen bisherigen Karriere; in Neuburg fühle sie sich besonders wohl, bekennt sie spontan: „Hier ist vieles anders! Das beginnt mit Manfred Rehm, zeigt sich im kundigen Publikum und endet beim vorbildlichen Verhalten des Thekenpersonals.“ Bei der Zugabe schreitet Silvia Droste singend durch’s Gewölbe des Jazzclubs, steht mitten im Publikum und erfüllt den Abend endgültig mit ihrem ganz persönlichen Zauber.