Wallace Rooney Group | 05.05.2006

Neuburger Rundschau |
 

Ziemlich laut war’s, weit über dem gewohnten Maß für alle schöngeistigen Jazzfans und Stammgäste im Birdland. Etliche von ihnen suchten denn auch kopfschüttelnd das Weite, begaben sich, wenn nicht gleich ins Freie, so doch zumindest ins Foyer angesichts der Klangwolken, die sich im Jazzkeller zusammenbrauten. Nur ein wackerer Rest weniger Unentwegter verharrte im Gewölbe. Wallace Roney machte seinem Ruf als legitimer Erbe von Miles Davis alle Ehre, zeigte dem Publikum mehr Backside als Sonnenbrille und erschreckte alle, die sich auf seinen lyrisch-coolen Trompetensound gefreut hatten, samt bilanzierendem Four-Letter-Word mit konsequenter Gründlichkeit.

Dabei gab’s in Phonzahlen, die jedem i-Pod-süchtigen Teenager nur ein müdes Runzeln der Ohrwascheln entlocken würden, durchaus Achtenswertes zu hören. Eher düster gestimmte Post-Bop-Kompositionen von dunkel schillernder Strahlkraft entwickeln sich da mit unwiderstehlicher Wucht und ungemeinem Drive. Differenzierte Wahrnehmung der phantasievoll geläufigen Soli von Antoine Roney am Saxophon oder der rotglühenden und high-note-explosiven Energieströme aus Wallace Roneys Trompete fiel dem Schlag(!)zeug-geplagten Ohr jedoch schwer, da die hypermotorischen Ambitionen an der Schießbude alles davor und daneben Befindliche samt Bass und Keyboards schlichtweg erstickten. Das Konzept, Jazz mit den Sounds der Großstadt zu verbinden, mit electronics und turntables, ist ja nun so neu auch wieder nicht mehr, gut gemacht aber allemal in der Hitze einer Band, die kurz vor der Kernschmelze steht. Dennoch: Ein Club ist keine Disco, und zum ersten Mal seit vielen Jahren mochten auch die Hartgesottensten keine Zugabe mehr hören.