VEIN feat. Greg Osby | 12.11.2016

Neuburger Rundschau | Dr. Tobias Böcker
 

Hirn und Herz erfrischend zugleich, vertückt, vertrackt, verwegen, ab und zu verträumt! Was das Trio Vein mit 88 Tasten, vier Seiten und einem Drumset zuwege bringt, sucht seinesgleichen. Das dann noch angereichert durch das Saxophon eines Gastes der ganz besonderen Klasse, macht fast unschlagbar.

Kraftvoller Piano-Trio-Jazz in größtmöglicher Gleichwertigkeit der Stimmen mit Groove, Energie, Phantasie, Eigenständigkeit und jeder Menge Überraschungspotential. Die Schweizer Brüder Michael und Florian Arbenz, der eine am Piano, der andre am Schlagzeug, sind gemeinsam mit Thomas Lähns, ihrem Bruder im Geiste am Bass, womöglich die legitimsten Erben des Genies von Thelonious Monk. Zumindest erinnert ihr vielgestaltig Kapriolen schlagendes Spiel an die herrliche Unberechenbarkeit des eigenwillig sperrigen Monolithen, der einige der schönsten Kompositionen des frühmodernen Jazz geschaffen hat. Auch die drei schier hakenschlagenden Schweizer von Vein lassen ihrer Phantasie freien Lauf in durchgeklügelten Stücken von immenser Variabilität: „Boarding The Beat“! Dabei ist der historische Bezug allenfalls eine assoziative Hilfe, so variabel ist die Musik eines Trios der Ausnahmeklasse. In höchster Disziplin zeigt ihr blitzgeschwind reagierendes Zusammenspiel einsame Klasse auf der Höhe der Zeit, modern, frisch, intelligent und spielstark. Michael Arbenz lässt das Klavier schier tanzen in behändem Lauf, pulsierendem swing und unvermuteten Sprüngen. Sein Bruder Florian gesellt sich kongenial dazu, wirft mit den rhythmischen Einfällen geradezu verschwenderisch um sich, kaum ein Takt gleicht je dem andern in ungemein federndem Grovve. Dritter im Bunde, ruhender Pol und energetischer Antreiber mit selten perfektem Arco-Spiel am Bass: Thomas Lähns! Als seien die Drei sich nicht genug haben sie einen der maßgeblichen Saxophonisten unserer Zeit als Gast an Bord. Seit den Neunzigern ist Greg Osby eine Instanz des zeitgenössischen Jazz, dessen Tempo, Sound und Feeling in Florian Arbenz hurtig sprudelndem „River“ ebenso unvergleichliche Wirkung entfalten wie in des großen Duke Ellington Ballade „Melancholia“. Von wegen „Under Construction“: Vein und Greg Osby bieten ausgebufften, lebendigen, überaus durchdachten, zugleich ungemein lebendigen Jazz von heute, wie gesagt: Hirn und Herz erfrischend.