6. Birdland Radio Jazz Festival | 31.10.2016

Neuburger Rundschau | Reinhard Köchl
 

Man könnte sich daran gewöhnen. An das Rotlicht während der Konzerte, an die Bataillone von Mikrofonen, die dem Keller eine bedeutsame Aura verleihen, an die weißblauen Ü-Wagen vor der Hofapotheke, an die begeisterungsfähigen BR-Moderatoren Roland Spiegel und Ulrich Habersetzer, an die Bands, die scheinbar noch eine Schippe mehr drauflegen, und an das zufriedene Dauerlächeln von Birdland-Chef Manfred Rehm.

Alles scheint irgendwie anders zu sein während der mittlerweile sechsten Auflage des Birdland Radio Festivals. Freudig angespannter, konzentrierter, leichter. Es schwingt auch ein wenig Stolz mit bei den Birdland-Verantwortlichen sowie bei den zahlreichen Stammgästen, dass dem Club durch die wochenlange Dauerpräsenz des Bayerischen Rundfunks endlich wieder einmal die gebührende Anerkennung und Wertschätzung widerfährt. Das ist nicht immer so in Neuburg. Trotz fast durchwegs ausverkaufter Konzerte und zahlreicher außergewöhnlicher Momente, die die Stadt längst zum Fixpunkt auf der deutschen Kulturlandkarte erhoben haben, kommt das Gros des Publikums nach wie vor von außerhalb. Wahrscheinlich werden es nach dem Festival, bei dem die Radiomacher acht Konzerte von erlesener Güte aufzeichneten und das in der Nacht von Samstag auf Sonntag mit einer vierstündigen Livesendung auf Bayern 4 Klassik und Bayern 2 (bei erstaunlich hohen Einschaltquoten) zu Ende ging, wieder eine ganz Reihe mehr sein, die den Weg an die Donau suchen. „Ich bin rundum zufrieden“, betonte Rehm kurz nach Mitternacht am BR-Mikro. „Wir haben hier die gesamte Palette des Jazz erlebt.“

„In komprimierter Form“, so erklärte Oberbürgermeister Bernhard Gmehling, sei der Konzertreigen, der da im Keller unter der ehemaligen Hofapotheke über die Bühne ging, „ein Beleg für die Vitalität des Birdlands, die repräsentativ für die gesamte Kulturszene Neuburgs“ stehe. Deshalb unterstütze die Stadt auch den Club seit Jahrzehnten nach Kräften. Und Ministerpräsident Horst Seehofer erhob das Gewölbe im Vorwort des Programms gar zu einer der wichtigsten Jazzadressen des Planeten, auf einer Stufe mit dem Namensvetter aus New York. Wer die musikalischen Preziosen der zurückliegenden Wochen als Maßstab nimmt, der kann dem Politiker nur zustimmen. Jazz von solch außergewöhnlicher Qualität und Dichte gibt es ansonsten nur auf den großen Festivals wie Berlin, Frankfurt, Den Haag, Willisau oder Salzburg zu bestaunen.

Es braucht aber auch ein glückliches Händchen des Programmmachers, dass alles so stimmig und fließend ineinander übergeht wie in diesem Jahr. Manfred Rehm hatte es. Sowohl mit der hinreißenden italienischen Vokalistin Roberta Gambarini (als einziges Konzert im Audi Forum Ingolstadt), wie auch mit dem neue Wege suchenden luxemburgischen Pianotrio Reis-Demuth-Wiltgen bewies der „Impresario“ Mut zum Risiko, etablierten Künstlern junge, unverbrauchte, visionäre Hoffnungsträger gegenüberzustellen.

Die „Stars“ hinterließen einen tiefen Sternstunden-Abdruck in der reichen, bald 60-jährigen Historie des Clubs. Die Gastspiele des ewig jungen, 86-jährigen Klarinettisten Rolf Kühn mit seiner Unit, der Gitarrenlegende Larry Coryell mit der Reunion der fulminanten Jazzrockformation Eleventh House oder der unglaubliche Saxofonist James Carter, dessen Töne selbst Wochen danach immer noch im Hofapothekenkeller nachhallen, zählen definitiv für jeden, der dabei war, zu den besten Jazzkonzerten dieses Jahrzehnts.

Wie das 6. Birdland Radio Festival begonnen hatte, so ging es auch auf die Zielgerade: farbig, vielseitig, spannend. Mit der raffiniert witzigen, pulsierenden deutschen Formation Jilman Zilman, die als Gast den holländischen Gitarristen Jesse van Ruller mitbrachte. Oder dem in den USA lebenden kubanischen Pianisten Aruán Ortiz. Der lotete mit seinem Trio um den Bassisten Brad Jones und den Drummer Gerald Cleaver das Vakuum zwischen Latin und Freejazz aus. Wie der 42-Jährige den Tönen nachspürt, wie er ihren Hall durch den Flügel wabern und durchs Kell