Larry Corell’s „Eleventh House“ | 28.10.2016

Neuburger Rundschau | Dr. Tobias Böcker
 

So laut war’s seit Menschengedenken nicht im Neuburger Birdland. Was dem Erlebnis keinen Abbruch tat! Ein gewisser Druck gehört einfach dazu, wenn Jazz und Rock zusammenkommen.

Fusion nennt man das und Larry Coryell, Jahrgang ’43 war seinerzeit in den 70ern einer der Pioniere jenes ekklektizitischen Mischstils, der Einflüsse aus Jazz, Blues, Rock und Country zusammenbrachte und sich zu einem eigenen Genre entwickeln sollte.

Nach einem begeisternden, durchaus Jazz betonten Gig im April kam Coryell nun im Rahmen des 6. Birdland Radio Jazz Festivals ins Birdland zurück mit einer Formation, die Jazzrockgeschichte schrieb: Eleventh House. Das steht in der Astrologie zugleich für Wahlverwandtschaft, geistigen Fortschritt, und Gleichberechtigung.

So sei es denn! Trotz mehrfacher Umbesetzungen und etlicher Pausen hat sich die Band ihren organischen Sound erhalten und spinnt den Faden weiter, der 1973 durch Larry Coryell, Randy Brecker, Mike Mandel, Danny Trifan und Alphonse Mouzon aufgenommen wurde.

Zwei von den Fünfen, Larry Coryell an der Gitarre und Danny Trifan am Bass waren im Birdland zu erleben, der angekündigte Dritte im aktuellen Bund, Superdrummer Alphonse Mouson musste auf Grund einer schweren Erkrankung passen. Der Münchener Drummer Guido May, sehr kurzfristig eingesprungen, trommelte sich wacker durch die ungewohnten Stücke und vertrat den Star mit überaus engagierter Klasse als starker Rückhalt der Band.

Danny Trifans Bass grundierte markant die weit ausholenden Stücke, die geprägt waren von Tempo, Technik, Taktik und den zuweilen stark ausufernden Solo- und Dialogpassagen dreier absoluter Virtuosen: Joey DeFrancesco, der wohl beste Hammond-Spieler unserer Tage, überraschte ein ums andere Mal mit frischen Ideen, Linien, Melodien und Grooves. Eine wahre Freude und man hätte fast erwarten können, dass irgendwann Rauch aus der B 3 aufsteigt. Larry Coryells Sohn Julian zeigte sich an der Keybord-Gitarre als flinker, rockiger Improvisator, der Gestern und Heute in herausragender Souveränität zu verbinden wusste. Da sprach der Vater nur: Der spielt so gut! Wenn er nicht mein Sohn wäre, wär‘ ich wohl ziemlich eifersüchtig.“

Treibender kreativer Kopf blieb gleichwohl Larry Coryell selbst mit seiner nimmermüd‘ eigenwilligen Gitarre, unnachahmlich in ihrem kantig sprudelnden Fluss.

Auch wenn die Virtuosität zuweilen zur l’art pour l’art entrückte: Es war ein großer Abend im Neuburger Birdland.