Das war zeitweise mehr Neue Musik als Jazz, mehr Soundcollage und abstrakte Klangmalerei, was die Rolf Kühn Unit da auf der Bühne des Neuburger Jazzkellers zelebrierte: Eine zumeist recht dunkel intonierte Klarinette vor dem düsteren Hintergrund moderner Urbanität, mehr auf den Spuren Igor Strawinskys als auf denen Benny Goodmans. Dann aber auch wieder leichter Swing, wie in jenen guten alten Tagen Mitte der 50er, als Rolf Kühn in Goodmans Band spielte, übertragen freilich ins 21. Jahrhundert, so wie Rolf Kühn nie ein gestriger war, immer einer, der den Zeitgeist inspirierte. Das musikalische Universum des 87jährigen ist heute so umfassend, dass es sowieso förmlich aus der Zeit fällt, ihr weniger hinterher läuft als voranschreitet in einer humanen Souveränität, die 70 Jahre aktive Musikgeschichte vereint. Rolf Kühn schwebt förmlich über den Dingen. Technisch topfit an seinem Instrument und musikalisch hellwach führt er sein drei Generationen Projekt, ein Quartett mit Spitzenkräften der fortschrittlichsten Jazzszene der Republik. Die drei Jüngeren respektieren ihn selbstbewusst als Herz und Hirn einer Band, die sich nicht von ungefähr Unit nennt.
Ronny Graupe, 37, einer der innovativsten Gitarristen hierzulande, Bassist Johannes Fink, 52, integraler Bestandteil der Berliner Avantgarde, und der modern kreative Drummer Christian Lillinger, bilden eine sehr tight zusammenspielende Einheit. Die Drei reagieren blitzgeschwind aufeinander und den primus inter pares an der Klarinette, der sich seinerseits immer wieder der Band zuordnet.
Kammermusikalische Impressionen wechseln mit explodierendem Gewitter, stille Momente mit eruptiver Energie. Und was kann vorbildlicher sein, als wenn Jung und Alt sich gegenseitig inspirieren in der Vorwärtsbewegung? Nicht nur ein Highlight des diesjährigen Birdland Radio Jazz Festivals, sondern eine Sternstunde Generationen vereinender, kompromissloser Musikalität!