Valerie Ponomarev Quintet | 29.11.2019

Donaukurier | Karl Leitner
 

„Our Father Who Art In Heaven“. So beginnt das Vater Unser im Englischen. „Our Father Who Art Blakey“. So heißt das aktuelle Album von Valery Ponomarev und seinem Quintet. Hinter dem Titel steckt mehr als nur ein originelles Wortspiel, denn für Ponomarev – in Moskau geboren und 1973 aus der damaligen Sowjetunion in die USA ausgewandert, als das offiziell noch gar nicht erlaubt war – sieht den berühmten Jazzdrummer Art Blakey, bei dessen Jazz Messengers er als erster Europäer überhaupt mitwirkte, als musikalische Vaterfigur an.

Dass er sein Programm „Art Forever“ nun im Birdland Jazzclub in Neuburg vorstellt, liegt aber auch daran, dass Blakey heuer seinen 100. Geburtstag feiern würde. Wer wäre prädestinierter dafür, dieses Ereignis mit einer Konzerttournee zur würdigen, als dessen einstiger Trompeter. Er tut das zusammen mit dem verlässlichen Schlagzeuger Joris Dudli, dem geschmeidigen Kontrabassisten Ignasi Gonsalez, dem eleganten Pianisten Lluis Capdevila und dem wieselflinken Tenorsaxofonisten Fabio Devigili. Ponomarev ist ein alter Fuchs, fürwahr. Wenn er seine lustbetonten Soli in den Saal schmettert und dabei ein klein wenig an Art Farmer erinnert, dann erkennt man sofort seine Klasse. Devigili freilich ist er eigentliche Star des Abends. Mit gerade mal 23 Jahren gibt er als Solist und als Ensemblespieler eine hervorragende Figur ab. Immer wieder fallen ihm spontan Girlanden und Pirouetten ein, die man so nie erwartet hätte, immer wieder meint man geradezu den Funkenflug optisch wahrzunehmen, sobald er richtig loslegt. Das hat Ponomarev ja wahrlich ein Riesentalent mit an Bord.

Der Bandleader ist nicht nur Strippenzieher hinter all dem, was auf der Bühne passiert, sondern auch Entertainer. In dieser Funktion hinterlässt er allerdings einen zwiespältigen Eindruck. Seine Marotte, mit dem Publikum seine Spielchen bezüglich der Qualität und des passenden Zeitpunkts der zu gewährenden Beifallsbezeugungen zu spielen, mag eine Zeitlang ganz originell sein, fängt aber irgendwann an, zu nerven. „Art Blakey hat immer gesagt, der Beifall sei das Brot des Musikers“, erzählt er. Das ist sicher richtig, aber muss man deswegen einen ganzen Abend lang ständig auf dem Thema herumreiten?

Gegen Ende des Konzerts schließt sich der Kreis auf unerwartete Weise. Nachdem es bislang nämlich fast ausschließlich um Kompositionen wie „Not Far At All“ und „Means Of Identification“ ging, um Stücke also, die Ponomarev einst für die Band Blakey’s geschrieben hat, endet der Auftritt mit einer Nummer aus der Feder Joris Dudli’s, die ausgerechnet „Art“ heißt. Dudli brachte diese superbe Komposition im Birdland bereits mit der Band Soul Chemistry zu Gehör, damals zusammen mit Vince Herring und Dave Kikoski. Man erkannte es sofort wieder. Sogar nach fast zwei Jahren. Qualität sorgt eben doch oft für ungeahnte Langzeitwirkung.