Valery Ponomarev Quintet | 29.11.2019

Neuburger Rundschau | Thomas Eder
 

Er war gerade 30 Jahre alt, als es dem Trompeter Valery Ponomarev in Moskau musikalisch zu eng wurde und er in die USA, in das Land seiner Jazzheroes, auswanderte. Kaum angekommen, holte ihn alsbald Art Blakey für ein halbes Jahrzehnt zu seinen Jazzmessengers, aus deren Programm an diesem Abend reichlich geschöpft wurde. Er trat damit in die Fußstapfen von so berühmten Trompetern wie Lee Morgan oder Freddie Hubbard, was für den bis dahin in der amerikanischen Szene eher unbekannten Ponomarev einem Ritterschlag gleichkam.

Letzten Freitag stand die großväterlich wirkende Hardbop-Ikone im Birdland Neuburg auf Deutschland‘s bedeutendster Jazzbühne und ließ mit jedem Ton die Mäuse tanzen. Selbst wenn sich die Themen mal in ruhigeren Wassern bewegten, tauchten seine Soli auf wie unverhoffte Stromschnellen und rissen einen mit und manchmal fast vom Stuhl. Für einen 76-jährigen hat er noch mächtig Dampf abzulassen und „Blues for Two“, oder „Not Far at All“ aus dem Art Blakey-Repertoire waren hierfür die besten Beweise.

Ihm zur Seite stand Tenorsaxophonist Fabio Devigili, ein junges Talent, das sich in seiner österreichischen Heimat schön langsam in die oberen Etagen spielt und in Neuburg mit der Ballade „My Foolish Heart“ einen ersten imponierenden Fingerabdruck hinterließ. Ansonsten fochten die beiden Bläser, nachdem sie unisono die Themen vorstellten, jedesmal heiße Kämpfe aus. Bei „Gina‘s Cooking“ aus Ponomarev‘s Feder war offensichtlich, dass die Gute mit einer gehörigen Portion Chili gekocht haben muss. Einem Vulkanausbruch gleich brodelte die Musik von der Bühne.

Nach so viel verströmter Energie, war es eine Wohltat, als Pianist Lluis Capdevila im bläserfreien Trio mit einem etwas flotter gespieltem „Polka Dots and Moonbeams“ einen Ohrwurm zum Besten gab. Der Spanier und sein Kontrabass spielender Landsmann Ignasi González berührten mit dieser, von ungewöhnlichen Beats untermalten, geschmeidigen Interpretation, die Seelen der Zuschauer.

Und der Mann, der den Laden auf originellste Art zusammenhielt war der Schweizer Schlagzeuger Joris Dudli, ein punktgenauer und mit harten Schlägen agierender Taktgeber. Wenn sein Name im Programm auftaucht, kann man davon ausgehen, dass er mit einer hochkarätigen Powerband anreist.

Schade nur, dass Ponomarev nach jedem Solo und vor und nach jeder Ansage das Publikum zum Applaus oder rhythmischem Mitklatschen animieren wollte und dadurch eher das Gegenteil erreichte. Bei solch hochwertiger Musik wie an diesem Abend funktioniert das fachkundige Publikum im Birdland am besten ohne Animation. Trotzdem: ganz große Klasse!