The Real Mob | 23.11.2019

Donaukurier | Karl Leitner
 

Es ist 22:05 Uhr. Die rote Lampe am Bühnenrand leuchtet auf. Wir sind auf Sendung. Die vierstündige Livesendung aus dem Birdland beginnt. Heute ist der letzte Abend des 9. Birdland Radio Jazzfestivals. Draußen vor der Tür stehen drei Übertragungswagen des Bayerischen Rundfunks, einer hat eine riesige Satellitenschüssel auf dem Dach. Das zweite Set des Konzerts mit „The Real Mob“ wird weltweit übertragen. Es gibt keine exakten Zahlen, aber man schätzt, dass so um die 100.000 Menschen an den Radiogeräten sitzen dürften.

Ein erstes Kurzset liegt bereits hinter uns. Bastian Rossmann (Schlagzeug), Damian Dalla Torre (Tenorsaxofon), Rudolf Stenzinger (Kontrabass) und Vassily Zaraysky (Klavier) benutzten es, um sich warmzuspielen. Als es schließlich ernst wird und Musiker und Publikum auf Sendung gehen, stehen die Regler auf „Volle Schubkraft“ und in den folgenden 55 Minuten erleben die Besucher im Saal eine energiegeladene Reise zurück in die Fifties und Sixties, als auf dem „Blue Note“-Label ein Meilenstein des Jazz nach dem anderen veröffentlicht wurde. Die soulgetränkten, groovenden, mit wunderschönen Melodien ausgestatteten Stücke aus jener Zeit haben es dem Quartett angetan, ganz speziell die Hard-bop-Kompositionen des Tenorsaxofonisten Hank Mobley (1930 – 1986).

Der Bandname „The Real Mob“ und das dazugehörige Album „Mobleysation“, das die Band ausführlich vorstellt, haben also gar nichts zu tun mit „Mob“ im Sinne von „gewaltbereiter Pöbel“, sondern ausschließlich mit vier exzellenten Musikern und ihrem großen Vorbild.
Im Verlauf dieser 55 Minuten, in die die Musiker schier alles legen, was sie drauf haben, läuft die Band immer mehr zu ganz großer Form auf. Wenn man richtig überlegt, macht sie eigentlich gar nichts Besonderes. Im Grunde covert sie ja nur. Aber wie sie das tut, mit welch enormer Leidenschaft, mit welchem Feuer, geschmackssicher und gleichzeitig technisch überragend – das hat schon was. Am Ende ist das rote Lämpchen zwar bereits erloschen, aber die Energie hält an und man will das Quartett einfach nicht von der Bühne lassen. Die beiden Zugaben kriegen dann nur noch die Leute im Saal mit.

„Unser kleiner Club hat zwar nur Platz für ungefähr 100 Leute, aber 100.000 können zuhören. Das ist optimal“, sagt Birdland-Chef Manfred Rehm. Tatsächlich schaffen das alljährliche Festival und vor allem die Liveübertragung, die nach dem Konzert noch mit aufgezeichneten Interviews, einer Gesprächsrunde und natürlich viel Musik von den anderen Konzerten bis zwei Uhr weitergeht, eine Win-Win-Situation für alle Beteiligten. Für die Musiker, das Publikum, den Bayerischen Rundfunk, den Club in der Neuburger Altstadt und nicht zuletzt für die Stadt selbst, die durch das Festival weithin hörbare Werbung bekommt, ohne auch nur einen Cent dafür ausgeben zu müssen. – Die „Radio Jazznacht 2019“: Ein würdiger Abschluss des „9. Birdland Radio Jazz Festivals“ mit genau der richtigen Band zur richtigen Zeit am richtigen Ort.