Trombonefire | 16.02.2001

Neuburger Rundschau | Dr. Tobias Böcker
 

Die Variabilität eines Instruments lässt sich am Besten ausloten, wenn vier absolute Könner ihre individuellen Fähigkeiten einbringen. Angetreten „zu zeigen, was Posaune ist“, bot Johannes Herrlichs Band Trombonefire im Neuburger Birdland einen umfassenden Einblick in alle Möglichkeiten des modernen Posaunenspiels – und das mit jeder Menge swing und Spaß.

Im Jazz kommt es auf die individuelle Sprache und die Fähigkeit zum Ensemblespiel in gleichem Maße an. Das Konzert bot wirklich alles, was vier Posaunen herzugeben vermögen: Wuchtige Tutti, bei denen die Zuhörer sich festhalten mussten um nicht aus den Schuhen geblasen zu werden, wechselten sich ab mit virtuosen Soli und jeder Menge Finessen bis hin zur Zweistimmigkeit auf einem Instrument. Engagierte Duelle mit – statt der Klinge – gekreuztem Posaunenzug zogen die hellauf begeisteren Zuhörer ebenso in ihren Bann wie die swingende Homogenität der Band, die Mehrstimmigkeit und satten Klang perfekt vereinte. Trombonefire, das ist zunächst einmal an der Posaune die Geschmeidigkeit Johannes Herrlichs, die eigenwillige Kantigkeit Adrian Mears‘, der trotz verletzter Lippe bestechende Fluss im Spiel von Hermann Breuer und die kühle Eleganz von Eberhard Budziat, der neben der Bassposaune auch an der Tuba zu glänzen weiß. Hinzu kommen der wieselflink feingliedrige Thomas Stabenow, der dem Brass den Bass verabreicht, der elegant nachdenkliche Walter Lang am Bösendorfer und der junge Matthias Gmelin am Schlagzeug, der mit seinen 22 Lenzen schon eine erstaunliche Portion Understatement einzubringt. Die drei bilden eine Rhythmusgruppe, die bei aller bestechenden Präsenz der Frontline nie ins Hintertreffen gerät. Das Septett spielt gegen Ende seiner Tour sehr geschlossen und beflügelt sich gegenseitig in freundschaftlich geführtem Wettstreit zu echten Höchstleistungen. Trombonefire bietet ehrliche klare Handmade-Musik, die nirgends auf irgendwelche Gimmicks zurückgreifen muss, weil sie darauf vertrauen kann, dass hier Musiker aufeinandertreffen, die zu den derzeit Besten ihrer Zunft zählen. Dem jüngst verstorbenen J.J. Johnson jedenfalls, jenem Begründer des modernen Posaunenspiels, dem sich Trombonefire verpflichtet weiß, waren diese „Dancing Bones“ in ihrer bestechenden Lebendigkeit ein würdiger Nachruf.