Trio Dino Saluzzi – Anja Lechner – Felix „Cuchara“ Saluzzi | 30.03.2012

Augsburger Allgemeine | Dr. Tobias Böcker
 

Musik in der Schnittmenge von Tango, Jazz und Klassik zelebrierte der argentinische Bandoneonist Dino Saluzzi gemeinsam mit seinem Bruder, dem Klarinettisten und Saxophonisten Felix „Cuchara“ Saluzzi, und der Münchener Cellistin Anja Lechner im Neuburger Jazzclub.
Der 76jährige Dino Saluzzi gilt als einer der wichtigsten Vertreter des Tango nuevo, den er mit improvisatorischen Elementen zum Tango libre zu öffnen versteht. Tief in der Tradition verwurzelt geht er weit über die überlieferten Ausdrucksmöglichkeiten hinaus, gerade indem er sie eindampft auf ihre unmittelbare Essenz, die Reinheit des Einfachen, die konkrete Linienführung der Melodie, die innige Versenkung. Im Dialog mit den musikalischen Partnern, in der Balance des Triospiels lebt diese Musik vom gemeinsamen Nenner leiser Reduktion, von einer tiefen romantischen Qualität, von Sehnsucht, Spannung, Unvollendetem und einer gelassenen, kleinen Prise Humor, einem weisen Lächeln des Gemüts, das diesseits und jenseits des Atlantiks die Menschen verbinden mag.
Die drei Instrumente bewegen sich in ganz ähnlicher Tonlage, nahe der menschlichen Stimme. Im langsamen Geflecht der Melodien entfaltet sich behutsam der Zauber der Klangfarben. Cello, Saxophon bzw. Klarinette und Bandoneon klingen weich zusammen, ab und an wird die jeweilige Charakteristik unaufdringlich bestimmend in den Vordergrund gestellt im gleichberechtigten Wechsel der zärtlich entschleunigten Kantilenen. Zart webt und weht die Musik durchs Gewölbe des Jazzkellers, zuweilen mit fast angehaltenem Atem, pianissimo und lente, dann rhythmisch stark bewegt mit Doppelgriffen vom Cello, unisono verkanteten Themen, blumigen Entflechtungen, verharrender Bewegung: Entdeckung der Langsamkeit in emotionaler Versenkung, jeder Ton bedacht geformt! Alle drei wissen um die Kunst der Zurückhaltung, die Macht der nicht gespielten Noten, die bezwingende, magische Anziehungskraft des offenen Raumes, dem Ohr und Herz fast furchtsam sich nähern, in den sie lustvoll stürzen können im tänzerisch freien Fall tief bewegender Leidenschaft der Musik.