Romantische Klänge aus dem hohen Norden
Das Tord Gustavsen Trio bietet ausbalancierten Kammerjazz
Tord Gustavsen, Jarle Vespestad und Harald Johnsen zelebrierten im Birdland Jazzclub über die Art of Piano hinaus auch die hohe Kunst des Triospiels auf denkbar herausragendem Niveau. Die drei Norweger Rising Stars bestätigten mit ihrem verklärt romantischen Programm, warum sie als eines der aktuellen Aushängeschilder des europäischen Jazz gelten.
Die Musik des allerorten hochgelobten Trios bietet kristallinen Kammerjazz im besten Sinne des Wortes, zart ausbalancierte Kompositionen, die lichtdurchlässig und in klarsichtiger Schönheit wirken wie ein strahlender Wintertag am See. Nicht von ungefähr ist Gustavsens Debüt-CD im Herbst auf ECM erschienen, dem Label, das für den typisch nordeuropäischen Sound der letzten Jahre steht wie kein anderes.
Ein großer Landsmann Gustavsens, der Bassist Arild Andersen, hat sein soeben erschienenes Album „The Triangle“ genannt und damit das Programm eines Trios so klar wie knapp auf den Punkt gebracht. Es wäre demnach falsch, die Musik des Tord Gustavsen Trios nur aus der Perspektive der Art of Piano – im Birdland gab’s am Wochenende immerhin das 74. Konzert der Reihe – zu beschreiben. Sicher ist die Klangkultur hervorzuheben, der sensitive Anschlag, die schöpferische Schönheit der Stimmführung. Das Alles trifft zu, jedoch: Dieses Trio zeichnet sich wie seine großen Vorbilder um Bill Evans und Keith Jarrett vor Allem dadurch aus, dass sein Ganzes mehr ist als die Summe seiner Teile. Zum Einen stehen Jarle Vespestad am Schlagzeug und Harald Johnsen am Bass dem Leader in Puncto Kreativität und Einfühlungsvermögen, in der perfekt gesetzten Time, dem organischen Atem und der Inspiration des musikalischen Prozesses in Nichts nach. Zum Anderen entfaltet sich im Zentrum des Triangels ein so zartes kommunikatives Geflecht aus Melodien, Rhythmen, Harmonien, aus Klang und Raum, Schubert und Blues, Logik und Emotion, dass die Zuhörer kaum mehr zu atmen wagen ob solch elfengleicher Sinnlichkeit. Bevor allerdings die Zeugen des Geschehens in lauter Schönheit baden gehen, wechseln die Drei das Tempo, setzen Akzente gegen den schönen Schein – ohne ihn jedoch vollends zu zerstören. Zumindest mit einem Auge zu träumen bleibt immer erlaubt. Fast zu schön um wahr zu sein.