Dusko Goykovic Munich Big Band | 18.11.2004

Donaukurier | Reinhard Köchl
 

Alter Charmeur! Als Dusko Gojkovic nach dem verdienten Applaus für seine formidable Munich Big Band gegen Ende des Konzerts im Ingolstädter Audi-Forum auch noch sich selbst vorstellen will, muss wieder der Uralt-Kalauer dran glauben: „…und mein Name ist Michael Jackson.“

Das behauptet der 73-jährige Startrompeter im Scherz und nicht ganz ohne Stolz schon lange. Seit sie nämlich einmal in Japan eine Jugenddisco zum Jazzclub umfunktioniert hatten und dafür sämtliche Bilder von „Jacko“ ab- und stattdessen seine Fotos aufhingen. Dass der „King of Pop“ heute eher ein zweifelhaftes Image besitzt, kümmert Gojkovic nicht sonderlich. Der Anti-Zeitgeist war schon immer sein bester Freund.

Was beileibe nicht falsch verstanden werden soll. Die Art nämlich, wie der Trompeter mit montenegrinischen Wurzeln und deutschem Pass seit über fünf Jahrzehnten „sein Ding“ durchzieht, verdient in höchstem Maße Bewunderung. Keine Moden, keine Trends oder populistischen Verkaufsrezepte haben einen der wichtigsten Euro-Jazzer je von seinem Kurs abbringen können. Dieser orientiert sich stets an drei Koordinaten: Geschmack, Eleganz und Swing.

Gojkovics Talente scheinen jedoch erst in größeren Formationen zur vollen Blüte zu reifen. Er, der den Ritterschlag des Jazz bei Maynard Ferguson, Woody Herman und der Clarke/Boland-Big Band erhielt, bastelt Arrangements für orchestrale Klangkörper wie kein Zweiter. Luftig, süffig, spannend, oft durchwirkt von seinen fast schon charakteristischen Balkan-Einflüssen wie etwa in „Soul Conncetion“, voller Freiräume für die Solisten, Nuancen und Schattierungen. Eine Big Band wie das prominent besetzte 17-köpfige Ensemble aus dem weiteren Umgriff der Münchner Szene wird dabei zum sanften Klangriesen und dessen Repertoire eine kurzweilige Zeitreise durch den gesamten modernen Jazz – und ein bisschen auch durch Gojkovics Karriere.

Wenn er behutsam seine Intervallik wie zu einem Picknick ausbreitet, die Rhythmsection in einen krummen 5/4-Takt hinübergleitet, dann blitzt urplötzlich der lässige Miles-Davis-Sound der frühen 60er Jahre durch. Mit dem „schwarzen Prinzen“ hat Dusko ebenso gespielt wie mit Dizzy Gillespie, dem er die Komposition „I remember Dizzy“ widmet, oder mit Chet Baker, dessen Ballade „When I fall in Love to easy“ er durch seinen sandigen, gedämpften Trompetenton zu einem ganz speziellen Zauber filtert.

Es sind gerade die langsamen Stücke, die wie eine emotionale Quersumme anmuten. Aber auch andere in der Band verfügen über diese enorme spirituelle Konsistenz. Der bärenstarke Baritonsaxofonist Michael Lutzeier bläst Gänsehaut-Choruse auf Ellingtons „Sophisticated Lady, Tom Reinbrechts Altsaxofonsolo in „Sentimental Lady“ fasziniert durch sein loderndes, inwendiges Feuer, während die prickelnd-anregenden Pianointermezzi von Claus Raible selbst die letzten Spinnweben aus dem Gebälk sämtlicher Uralt-Standards verscheuchen.

Am wohlsten fühlt sich Gojkovic freilich immer noch, wenn es geradeaus losboppt, wenn Drummer Harald Rüschenbaum (O-Ton „Birdland“-Chef Manfred Rehm) „wie die Sau swingt“ und dennoch genügend Farbkleckse hörbar bleiben. Ein Titel wie „Snapshot“ vereint alles, was diesen unentdeckten Superstar von Michael Jackson, aber auch vom Gros der meisten Jazz-Größen unterscheidet. Dusko Gojkovic: Das ist Gradlinigkeit und gelebte Musik Etwas ganz Besonderes.