Dusko Goykovic Munich Big Band | 18.11.2004

Neuburger Rundschau | Dr. Tobias Böcker
 

Nur Wenigen gelingt ein derart lässiger swing. Unmittelbar entspannen sich Herz und Nerven zu sanftem innerem Lächeln. Vom ersten Takt an zaubert die Dusko Goykovich Munich Big Band pures Jazz-Feeling ins Rund. Üppige Tutti, elegante Soli, klug und farbenreich ausgetüftelte Arrangements, ein transparenter Sound und eine Rhythmusgruppe, deren swing unmittelbar ansteckt: Das Alles und mehr bot eine exzellente Formation im wieder einmal ausverkauften Ingolstädter Audi-Center.

Klar, eine Big Band muss das sowieso wenigstens ansatzweise realisieren, wenn von wirklichem Niveau die Rede sein soll. Aber echte Klasse heißt immer noch ein Stückchen mehr als nur perfektes Handwerk. Und da ragt Dusko Goykovichs Munich Big Band noch einmal weit über das hinaus, was auch an gehobenem Format hier zu Lande zu hören ist. Vielleicht zeigt sich das neben einem Uptempo-Klassiker wie „Stay On It“ oder einer Bebop-Hommage wie „Remember Dizzy“ am Besten in J.J. Johnsons wunderbarer Ballade „Lament“. Die kommt mit so viel eleganter Sophistication und kontrollierter Emotionalität über die Rampe, wie wenn Lauren Bacall einen Whisky Sour anbietet. Etliche Solisten aus der ersten Garde des Südens der Republik hat die Band aufzubieten, nicht wenige davon mit eigenen international beachteten Projekten. Der Posaunist Gerhard Gschlössl z.B. ist so ein besonderer Qualitätsfaktor, der Tenorsaxophonist Claus Koch oder Michael Lutzeier, ein Baritonsaxophonist ausgesuchter Klasse, die Trompeter Thomas Bendzko und Matthias Engl, die Rhythmusgruppe aus Claus Raible am Piano, Goykovichs altem Kumpel Branco Pejakovic am Bass und Harald Rüschenbaum am Schlagzeug sowieso. Nicht nur sie, Alle sind in guter Form, spielen mit Freude und Engagement, lassen sich auf den Abend ein und auf Arrangements, die bei allem Anspruch im Detail auf’s Ganze gesehen süffig ins Ohr gehen. Bei seiner eigenen Balkan-inspirierten Komposition „Soul Connection“ lässt dann der Leader selbst die Trompete erstrahlen in jenem unnachahmlich kultivierten Sound, der ihn schon in den 50ern an die Seite der Allergrößten stellte: Miles Davis z.B., Dizzy Gillespie, Chet Baker, Gerry Mulligan, Sonny Rollins, Tommy Flanagan oder Maynard Ferguson. Nichts von dem, was ihn von jeher auszeichnet, hat Dusko Goykovich bis heute verloren: Seinen schmiegsamen Ansatz, der schneidig und samtweich zugleich sein kann, sein perfekt dienliches Satzspiel, seine punktgenaue Phrasierung, seine beflügelte und beflügelnde Phantasie, seinen farbenreich strahlenden Sound, all das hat der inzwischen 73jährige zur Perfektion gebracht. So darf tatsächlich von der reichen Ernte eines erfüllten Musikerlebens die Rede sein, wenn man das Privileg hat, Dusko Goykovich heute zu hören. Und wenn „Woody’s Whistle“ Erinnerungen an die disziplinierenden Maßnahmen des legendären Bandleaders Woody Herman wach ruft, dann hat das für die Vita Dusko Goykovichs mehr als nur sentimentale Bedeutung: Er ist selbst ein Muster an Disziplin und – nach wie vor – Übungsfleiß, der die Highnotes nur so herauspustet, mit denen sich so Mancher sein Leben lang vergeblich plagt. Dann wieder bei „I Fall in Love Too Easily“ dieses unbeschreibliche Spiel mit dem Harmon Mute Dämpfer: Da findet die Trompete zu einem so eigenständigen Weg zwischen der coolen Melancholie von Miles Davis und der resignierenden Tristesse Chet Bakers, dass sie in Nichts dahinter zurückstehen muss. Großer Jazz aus der Trompete eines Mannes mit einem großen Herzen!