Tony Lakatos – George Robert European Quintet | 16.10.2010

Neuburger Rundschau | Barbara Sagel
 

Die Vorstellungen darüber, was Jazz eigentlich ist, gehen ja bekanntlich ziemlich weit auseinander. Verschiedenste Stile zwischen New Orleans und Weltmusik können mit diesem Begriff gemeint sein. Wer allerdings am vergangenen Samstag im Neuburger Birdland war, der weiß heute sicher: Jazz ist die Musik des „Tony Lakatos – George Robert European Quintet“. Es war der erste gemeinsame Auftritt der fünf Herren an Tenorsaxofon (Tony Lakatos), Altsaxofon (George Robert), Bass (Henning Gailing), Piano (Thomas Rückert) und Schlagzeug (Mario Gonzi). Künftigen Jazzkonzertbesuchern allerorten wäre jedoch zu wünschen, dass es nicht der letzte in dieser Formation gewesen sein wird. Und darf man der gut gelaunten Ausstrahlung der Musiker während des Konzertes glauben, so müsste dies auch in deren Sinne sein. Acht Jazzstandards aus den mittleren Jahrzehnten des vergangenen Jahrhunderts von „Body And Soul“ über „I`ll Remember April“ bis hin zu „Whisper Not“ wurden nicht als leichte Kost serviert, sondern die rhythmischen und harmonischen Möglichkeiten der Ausgestaltung einer vorgegebenen Melodie auf das Reizvollste und Mitreißendste nutzend interpretiert. Im Vordergrund standen zunächst jeweils, wie es sich gehört, die Saxofonisten, die meist das jeweilige Thema eines Stückes gemeinsam vortrugen. Besonders schön beispielsweise der Unisonoeinstieg in „Firm Roots“ oder die attraktive Zweistimmigkeit im Intro zu „Darn That Dream“. So richtig spannend wurde es allerdings dann, wenn George Robert oder Tony Lakatos sich solistisch, in rasenden Läufen, drängenden Wiederholungen, weich schmeichelnden bis ekstatisch fordernden Tönen der Stücke annahmen. Interessant zu hören dabei die unterschiedliche Charakteristik des schmaleren, prägnanteren Alt-Klanges und des weniger geschlossenen, sanfteren, raumreicheren Tons des Tenors. An Ideenreichtum und Virtuosität standen sich beide Musiker dabei in gar nichts nach. Traten die Saxofonisten unter jeweils großem Applaus zurück, füllten die Mitglieder der Rhythmusgruppe den frei gewordenen Raum mühelos, reihum solistisch mit ihren eigenen musikalischen Ansichten aus. Hohe Dynamik, rhythmische Vielfalt, Up-Tempo-Swing, Latin-Einlagen, die sanfte, besengerührte Ballade, überraschende melodische Einfälle – eine Freude, jedem einzelnen zu lauschen.