Tommy Flanagan Trio | 06.06.1999

Neuburger Rundschau | Dr. Tobias Böcker
 

Mit dem Auftritt des Tommy Flanagan Trio fand eine wahrlich bemerkenswerte und an Höhepunkten reiche Saison am Sonntag im Birdland Jazzclub ihren konsequenten und krönenden Abschluß. Das 50. Konzert der Reihe Art of Piano bot den zahlreichen Fans alles, was von modernem Jazzpiano erwartet werden kann.

Tommy Flanagan hat Jazzgeschichte geschrieben. Bereits 1960 war er durch seine Mitwirkung an John Coltranes Giant Steps Album an einem Meilenstein der Jazzgeschichte beteiligt. Mit Miles Davis hat er gespielt und Ella Fitzgerald hat er fast 20 Jahre lang begleitet. Ihr widmete er in Neuburg eine eigene Hommage mit dem Gershwin-Klassiker „Isn´t it a Pity“. Flanagans inzwischen bereits drittes Neuburger Konzert belegte, daß seine herausragende Stellung bis heute ungebrochen ist.

Tommy Flanagan baut filigrane Klanggebäude von klarer und zarter Schönheit. Er erfüllt das Jazzpiano mit jener gereiften Gelassenheit, die nur einer aufbringt, der das Leben kennengelernt hat. Gerade seinem wunderbar entspannten Balladenspiel gelingt es, dem Bösendorfer Töne zu entlocken, die die Leichtigkeit des Lebens nicht auf die leichte Schulter nehmen und mit Ernst zu betrachten wissen, die aber auch die Unbilden dieser Welt leichten Herzens ertragen lassen. Diese Perspektive, die nichts überspielt, aber auch nichts zu schwer nimmt, macht Flanagans Musik zu einem Stück Lebensphilosophie in Harmonie und Melodik, der sich

zu öffnen allemal lohnt. Beeindruckend vor allem sein in zwei verschiedenen Versionen gespieltes „Sunset and the mockingbird“, das seine schier unerschöpfliche Virtuosität und seine kreative Poetik zeigte. Man hätte eine Stecknadel fallen hören, so glasklar war die Ruhe, die das Piano im Jazzclub verbreitete.

Peter Washington am Baß und Lewis Nash am Schlagzeug boten dazu weit mehr als begleitende Kommentare. Die beiden gehen ungeheuer sensibel auf Flanagan ein, hören auf ihn und aufeinander. Washington ist nicht nur ein phantasievoller Begleiter von beeindruckender technischer Klasse, sondern auch ein nuancenreicher Solist. Nash entfaltet sich im Verlauf des Konzerts zunehmend als ein Drummer von Klasse und Empfindsamkeit. Vor allem in seinen leisen rhythmischen Schattierungen („Bird-Song“), in feinfühliger Zurückhaltung liegt seine Stärke in diesem Trio.

Für das Neuburger Birdland bestätigte sich einmal mehr, daß hier (nicht nur) in der Art of Piano Reihe immer wieder Jazz auf allerhöchstem Niveau präsentiert wird.