tok tok tok | 09.12.2005

Donaukurier | Reinhard Köchl
 

John Lee Hooker sang mal „Boom Boom Boom“, es gibt auch Kinofilme, die heißen „Chitty Chitty Bang Bang“ oder „Kiss Kiss Bang Bang“. Tokunbo Akinro und Morten Klein versuchen es seit geraumer Zeit und nun auch im Neuburger „Birdland“ mit Klopfen: tok tok tok.

Das Spiel mit der Lautmalerei: Etwas zwischen Urtrieb, Banal- und Genialität. Im Fall der beiden Protagonisten aus Freiburg aber definitiv ein Erfolgsrezept. tok tok tok gehören zu den Shootingstars jener Szene, die eigentlich gar keine ist. Etwas im Dunstkreis zwischen Jazz und Soul, zwischen künstlerischem Anspruch und Unterhaltung, zwischen Akademikern und Hippstern, zwischen Kritikerlorbeeren und Hitparade, sowohl Fisch wie auch Fleisch, hymnisch gepriesen, glänzend verkauft, aber irgendwie nirgendwo zuhause.

Nun also ein proppenvoller, lupenreiner Jazzclub mit einem aufmerksam zuhörenden Publikum, Zwischenapplaus nach den Soli, durchaus jüngeren Gesichtern, aber nur wenigen, die sich auch trauen, die Augen zu schließen und entrückt ihre Hüften kreisen zu lassen. Tokunbo und Morten sowie ihre Partner Christian Flohr (E-Bass) und Jens Gebel (Fender Rhodes) tun sich vor allem im ersten Set mit dem Ambiente schwer. In einem Tanzschuppen würde jetzt längst die Post abgehen. Morten Klein macht ziemlich dicke Backen, ploppt, trommelt und tokkt. Nomen est omen. Der vielseitige Bursche imitiert mit dem Mund ein Schlagzeug und erzeugt dabei einen echten Mördergroove, den einige „richtige“ Drummer auf dieser Bühne so nicht einmal ansatzweise hinbekommen haben.

Dazu singt Tokunbo Akinro. Eine gewinnende, höchst attraktive Erscheinung, die über dieses gewisse Etwas in der Stimme verfügt und allemal Stimmungen wie Einsamkeit, Sehnsucht oder Begierde evozieren kann. Doch der Funke mag irgendwie nicht überspringen, trotz des frischen, schlanken Bandkonzeptes. Das  staubtrockene Fender Rhodes (warum kommt dieses Wahnsinnskiste nicht häufiger zum Einsatz?) wirkt über weite Strecken ziemlich drucklos, die Bassgitarre beschränkt sich aufs Slappen. „Easier said than done“ lautet einer der Titel von tok tok tok. Auch hier gilt: nomen est omen.

Ist das alles schon Pop? Kann sein. Jazz? Wohl kaum, trotz der Saxofonparts von Morton Klein, die nur sattsam bekannte Erotik-Klischees bedienen, aber keine Überraschungsmomente bieten. Oder gar Norah Jones, mit der enthusiasmierte Kritiker Tokunbo Akinro verglichen haben? Nie und nimmer!

Die Unsicherheit scheint bei einigen Bemerkungen von Klein fast mit Händen greifbar. Über den Kalauer, er könne immerhin einen Jazzakkord auf der Gitarre, kann hier niemand lachen. Und über den völlig missglückten Witz, dass beim bandinternen Spiel „Wer zuerst lacht, hat verloren“ immer der (blinde) Pianist Jens Gebel gewinne, nur die Band selber. Wenigstens wird diese nach der Pause ihren üppigen Vorschußlorbeeren zumindest im Ansatz gerecht. Sahniger Funk, eine spannende Fassung von „I’ve got you under my Skin“, „About“, der prickelnde Titelsong der aktuellen CD und das hinreißende „Won’t you come back“. Warum nicht schon früher? Die Zugaben versöhnen: Stevie Wonders „I Wish“ und „50 Ways to leave your Lover“ sind der Nachschlag für hungrige Souls. Jetzt wäre ein dritter Teil recht gewesen, um das Eis zu brechen. Wirklich schade.