Till Martin Quartet, feat. Anna Lauvergnac | 07.12.2001

Neuburger Rundschau | Dr. Tobias Böcker
 

Timbre, Timing, Tanz und Transparenz – Anna Lauvergnac vereinte im Birdland Jazzclub gemeinsam mit dem Till Martin Quartet etliche Grundtugenden des Jazz zu einem wohlgelungenen Konzert. Das begeisterte Publikum forderte mit Erfolg mehrere Zugaben.

Flockiger Groove, der mühelos die Brücke von Südamerika an die Pazifikküste des nördlichen Nachbarkontinents schlägt, trocken und locker, funky und unverkrampft, mit tänzerischer Eleganz, das ist die Quintessenz, aus der die in Wien lebende Italienerin ihre Songinterpretationen braut. Eine an sich eher unspektakuläre Stimme, sehr intonationssicher, sauber und klar, vom ersten Moment an jedoch von fast magischer Anziehungskraft: Lauvergnac nimmt mit ihrem Alt in einem Hauch von dunkler Melancholie sofort die Aufmerksamkeit gefangen. Dabei tanzt sie auf der Bühne wie eine Magierin, eine Pythia in selbstvergessener Verzückung, die nie aufgesetzte Pose assoziieren lässt, sondern zwanglos gelöste Entspannung vermittelt. Das Till Martin Quartet bringt dazu freundlichen Mainstream Jazz mit offenem Visier, rund geschwungener Handschrift und ausbalancierter Selbstverständlichkeit. Zur glasklaren Transparenz der Arrangements tragen Ernst Techel am Bass und Bastian Jütte am Schlagzeug durch präzises Zusammenspiel und optimal getimte Zurückhaltung ihr gut Teil bei. Tizian Jost am Piano sprüht nur so vor Ideen, greift immer wieder in das Schmuckkästchen und wirft eine Handvoll funkelnder Halbedelsteine ins Gewölbe. Till Martin schließlich wärmt das Herz mit dem angenehm warmen Sound seines Tenorsaxophons, dessen Ansatz bei aller unbestechlichen Genauigkeit nichts an Verbindlichkeit vermissen lässt. Dem wunderbaren Song „Close Your Eyes“ war nichts hinzu zu fügen: Augen schließen, genießen, entschweben.