The Toughest Tenors | 17.01.2020

Neuburger Rundschau | Peter Abspacher
 

Auf den ersten Blick könnten die fünf Herren, mit ihren schwarzen Anzügen, weißen Hemden, korrekter Krawatte und der akkuraten Frisur ein wenig steif wirken. Wie brave Bürger, zum Beispiel Bankbeamte, Amtsräte oder auch Oberstudienräte Mitte des letzten Jahrhunderts – aus jener Zeit, aus der auch die Musik stammt, der sich die Band „The Toughest Tenors“ verschrieben hat.

Alles ein wenig Verkleidung, wenn man so will nostalgische Anspielung. In Wahrheit ist da gar nichts gediegen, steif oder gar langweilig. Nach ein paar Tönen ist im Birdland Jazzclub klar, wohin der musikalische Hase läuft: Die fünf Vollblut-Musiker stürzen sich mit Lust hinein in die Welt der großen Jazz-Standards aus den 50er und 60er Jahren, sie machen daraus frisch und frei ihren eigenen, umwerfenden Sound. Der ist für die 20er Jahre eines neuen Jahrhundert gekonnt aufpoliert und ein wenig angeschärft, aber nicht mit seichten Gags und anderem Brimborium zwangsweise modernisiert.

Diesem Quintett könnte man ewig zuhören, ohne als Publikum irgendwann abzuschlaffen. Und es lohnt sich besonders, die fünf Jazzer auf der kleinen Birdland-Bühne genau zu beobachten. Da werkelt hinten ein Bassist (Lars Gühlcke), der in vollem Körpereinsatz regelrecht mit seinem Bass tanzt, meist mit geschlossenen Augen, einem sehr unterhaltsamen Minenspiel und mit Lippenbewegungen, als wolle er seine eigene Partie auch noch mitsingen. Neben Gühlcke ein witzig-verschmitzter und technisch brillanter Schlagzeuger (Ralf Ruh), der sich immerzu daran zu erfreuen scheint, was um ihn herum so alles musikalisch geboten ist. Und der umgekehrt bei seinen Solo-Einlagen die anderen mit seinen Geistesblitzen verblüfft.

Dazu ein Pianist (Dan-Robin Matthies) der feinen Sorte, der mit wenigen, klug eingestreuten Tonfolgen und Akkorden seine Tupfer setzt – um dann plötzlich den Jazz-Turbo anzuwerfen und
den Laden für eine Weile musikalisch aufzumischen. Aus diesem Trio von Klavier, Bass und Schlagzeug, das allein schon ein starkes Programm bestreiten könnte, wird mit den beiden Tenor-Saxofonisten (Patrick Braun und Bernd Suchland) ein verteufelt gutes Quintett. Berühmte Standards (Light and lovely, Grooving light oder Land of dreams) entwickeln in dieser Formation Feuer und Drive, der Funke springt auf dem kürzesten Weg über.

Suchland und Braun erwecken die alte Tradition der „Saxophon-Battles“ zu einem neuen, wilden Leben, sie fordern sich gegenseitig heraus, alles zu geben – im halsbrecherischen Unisono, in der melodischen Kraft der Balladen, in rhythmisch vertrackten Ecken und Kanten. Die beiden Saxofone werfen sich selbst und den anderen drei Musikern die Bälle zu, die nehmen die freundliche Herausforderung jederzeit an. Das Ergebnis, zu Recht von den Zuhörern bejubelt, ist ein spannungsgeladener, dabei stets leicht daherkommender Sound, von den ehrwürdigen Standards her vertraut und zugleich erfrischend neu.