The Toughest Tenors | 17.01.2020

Donaukurier | Karl Leitner
 

Da sieht man mal wieder, über welch exzellente Akustik das Gewölbe unter der ehemaligen Hofapotheke in Neuburg verfügt. Zwei Tenorsaxofonisten, angetrieben von einer unter Volldampf stehenden Rhythmusgruppe, blasen sich quasi die Seele aus dem Leib und die Musik der „Toughest Tenors“, die eigens aus Berlin ins Birdland angereist sind, klingt doch so wunderbar transparent, dass man sie ohne Bedenken sofort von der Bühne aus auf CD pressen könnte. Niemand benötigt ein Mikrofon an diesem Abend, der Raum gibt das Klangbild vor, die Musiker nehmen das Angebot an und das Ergebnis ist exzellent.

Es geht um die legendären Saxofon- Duelle zwischen Coleman Hawkins und Lester Young, zwischen Dexter Gordon und Wardell Gray oder zwischen Johnny Griffin und Eddie „Lockjaw“ Davis, die Bernd Suchland und Patrick Braun unter der Bezeichnung „The Toughest Tenors“ im Birdland wieder aufleben lassen. Wie damals ist auch hier nicht wichtig, wer der bessere ist. Was zählt ist der Spaß, den es macht, Ohrenzeuge zu sein bei den Verfolgungsjagden zwischen dem Champion und dem Herausforderer, wobei die Rollen natürlich ständig wechseln und ungezügelte Spielfreude, humorvolle gegenseitige Attacken und die gemeinsame Lust an der geballten akustischen Durchschlagskraft im Mittelpunkt stehen. Und wenn zwischendrin Dan-Robin Matties am Flügel, Lars Gühlke am Kontrabass und Ralf Ruh am Schlagzeug mal ihrerseits zu solistischen Höhenflügen ansetzten, nehmen Druck und Intensität keineswegs ab, denn hier ist ein Kollektiv zugange, in dem alle an einem Strang ziehen. Einen Schwachpunkt gibt es nicht.

Das Quintett könnte man im Grunde nicht nur als The Toughest Tenors, sondern auch als The Tightest Tenors, The Coolest Tenors und gleichzeitig als The Hottest Tenors bezeichnen. Angesichts ihrer Musik ist es schier unmöglich, einfach nur ruhig dazusitzen und zuzuhören. Sie packt einen körperlich, bei den Eingeweiden, funktioniert aber dennoch auch über den Kopf. Allein die Auswahl der Stücke, die allesamt aus den 50ern und 60ern stammen und sich auf die Arrangements von Größen wie Dizzy Gillespie, Sonny Stitt oder Stanley Turrentine stützen, ist eine Offenbarung. Manch einer mag das ein oder andere kennen, aber keine dieser hinreißenden Melodien gehört in die Kategorie „tausendmal gehört und totgespielt“, viele begrüßt man zwar wie einen Bekannten, aber eben einen, den man viel zu selten trifft.

Wenn man es recht bedenkt, spielen und interpretieren The Toughest Tenors eigentlich nur die Musik anderer Leute. Das tun im Jazz in der Tat viele. Hier aber kommt es mehr denn je auf das „Wie“ an, auf die Herangehensweise, auf den Sound, auf die Lebendigkeit und das Feuer. Natürlich gibt es am Ende des Saxofon-Duells keinen Sieger. Das Publikum allerdings ist nach diesem stürmischen Abend restlos bedient und schwer gezeichnet. – Aber auch restlos glücklich.