The Rosenberg Trio | 15.11.2018

Donaukurier | Karl Leitner
 

Dieser Abend ist wahrlich ein Ereignis. Das Rosenberg Trio, die internationale Speerspitze des Gypsy Swing, dessen Konzertreisen die Band unter anderem bis in die Carnegie Hall geführt haben, spielt anlässlich des 8. Birdland Radio Jazz Festivals im kleinen Club in der Neuburger Altstadt. Aber nicht nur der Anlass an sich ist eines, sondern auch jeder einzelne Ton, den Stochelo Rosenberg, dieser Virtuose an der akustischen Gitarre, begleitet von Nous’che Rosenberg an der Rhythmusgitarre und Nonnie Rosenberg am Kontrabass, bei seinem Konzert in den Club zaubert.

Nun weiß man ja, dass im Grunde alle Vertreter des Gypsy Swing tolle Gitarristen sind, dass sie ausnahmslos den Gründer dieser unvergleichlichen Stilrichtung, nämlich Django Reinhardt – Rosenberg widmet seinen Kompositionen das komplette erste Set –, verehren und dass ihr Genre ein relativ begrenztes ist. Worin also liegt der Unterschied zwischen ihm und dem Rest? Neben seiner technischen Brillanz, seinem sensationellen Spiel, fallen seine enorme Eleganz, sein ganz persönliches Vibrato und seine emotionale Wärme auf. Ein bestimmt tausendmal gecovertes Stück wie Reinhardt’s „Nuages“ etwa wird unter seinen Fittichen und durch seine Finger zu einer vorher so noch nie gehörten Pretiose. Gleiches gilt sicherlich auch für den „Minor Blues“.

Es kommt nicht von ungefähr, dass Rosenberg zuständig war für den Soundtrack zum Film „Django – ein Leben für die Musik“, mit dem die Internationalen Filmfestspiele Berlin 2017 eröffnet wurden, denn er ist genau der Richtige, den Gypsy Jazz einer breiten Öffentlich zugänglich zu machen. Seine Interpretationen sind überaus kunstvoll modellierte Werke, aber man braucht für deren Rezeption kein Jazz-Abitur. Rosenberg würde nie den genremäßig vorgegebenen Rahmen sprengen, nie wie ein Avantgardist oder ein experimenteller Neutöner Vorgaben ignorieren, nie über die Köpfe seines Publikums hinweg spielen. Nein, er bewegt sich stets innerhalb rhythmischer Grenzen, lotet aber den ihm dadurch offerierten Raum mit all den darin vorzufindenden Möglichkeiten so komplett aus wie sonst niemand.

Rosenberg hat bei seinen Improvisationen immer die ursprüngliche Melodie des Stücks im Hinterkopf, verliert sich selbst bei rasender Geschwindigkeit nie in sinnloser Griffbrettakrobatik, bleibt auch harmonisch auf dem Boden und damit stets auch auf Tuchfühlung mit dem Publikum. Dass das alles mit ungeheurer Leichtigkeit von statten geht und er seine sensationellen Läufe scheinbar wie nebenbei aus dem Ärmel schüttelt, lässt manchen im Auditorium nach dem vergeblichen Versuch, den Bewegungen seiner Finger mit den Augen zu folgen, nur ungläubig den Kopf schütteln. – Es kursiert ja das Zitat, man höre im Spiel Stochelo Rosenbergs „die Essenz des Gypsy Jazz“. Dem ist nichts hinzuzufügen. Was für ein Wahnsinn!