John Scofield’s „Combo 66“ | 16.11.2018

Donaukurier | Karl Leitner
 

Es gibt John Scofield in vielen Varianten. Als Modern- oder Soul-Jazzer, als Vertreter der Fusion-, Funk- und Rockfraktion, als Coverartist sogar. Und vor nicht allzu langer Zeit flirtete er auch noch mit der Country-Music. Man weiß also nie so ganz genau, was man bei einem seiner Konzerte erwarten darf. Ja, dieser John Scofield hat mehrere Gesichter, ziemlich viele sogar.

Das zeigt sich auch beim Birdland Radio Jazz Festival-Konzert im Kongregationssaal der Neuburger Residenz, in den der Auftritt mit seiner hervorragend besetzten Combo 66 wegen des Zuschaueransturms verlegt worden ist. Die akustischen Gegebenheiten dort sind zwar für ein Konzert mit elektrisch verstärkten Instrumenten nicht optimal, was vor allem vor der Pause den Höreindruck beeinträchtigt, nicht aber die Klasse Scofields und seiner Mannen (Gerald Clayton an Piano und Orgel, Vincente Archer am Kontrabass und Bill Stewart am Schlagzeug) in Frage stellt.

Als traumhaft sicherer Pendler zwischen den stilistischen Welten des flirrenden BeBop auf der einen Seite und der pumpenden Grooves auf der anderen offenbart Tausendsassa Scofield bei aller Unberechenbarkeit auch Seiten, auf die man zählen kann. Immer. Die eine ist sein Ton. Der ist unverkennbar. Man wüsste auch im Blindtest nach drei Sekunden, mit wem man es zu tun hat. Dasselbe gilt für die Art, wie er die Musik anordnet, wie er das Thema einer Komposition umspielt, das im Dickicht seiner weit verzweigten improvisatorischen Ausflüge fast verloren schien, dann plötzlich durchschimmert, wieder aufgegriffen wird, sich endgültig verliert oder aber am Ende des Stücks in einem letzten Durchlauf dem Zuhörer geradezu eingehämmert wird.

Die Kompositionen Scofields sind durchaus komplex, deren Darstellung aber gelingt ihm auf eine sehr sinnliche, natürliche Art, weshalb man sich sofort mit ihnen anfreunden, ja, sie ins Herz schließen will. Dabei ist es egal, ob es sich um die wunderschöne Ballade „I’m Sleeping In“ handelt oder um ein Stück mit elastischem Groove wie „Can’t Dance“. Beide sind Meisterwerke und beide stammen wie so vieles an diesem Abend vom aktuellen Album „Combo 66“, ein wahrer Quell an exzellenten Kompositionen, die die Basis bilden für ein ebenfalls exzellentes Konzert, das Scofield, der die entspannte Atmosphäre in Neuburg bereits von mehreren Auftritten her kennt und schätzt, nach eigener Aussage auch selber genießt.

Ein Stück freilich stammt nicht von ihm, sondern von Bill Stewart. Er nennt es „F U Donald“, und dem Gesichtsausdruck Scofields bei der Ansage nach zu urteilen handelt es sich bei dem im Titel Genannten nicht um Donald Duck.