The New John Abercrombie Quartet „Within A Song“ | 09.11.2012

Neuburger Rundschau | Stephanie Knauer
 

An diesem Abend ging es um nichts. Die Hauptdarsteller sind seit Jahrzehnten Größen im Jazzgeschäft und Muskelspiele passé: Was zählt, ist die Musik. So auch am Freitag im Neuburger Birdland. Das Gipfeltreffen des „John Abercrombie Quartet“ anlässlich der neuen ECM-Scheibe „Within a song“ zog an. Der Apothekenkeller war voll besetzt, im Publikum saßen auch erwartungsvoll gestimmt Teilnehmer des Nachmittags-Workshops mit dem Meisterjazzgitarristen. An seinem Instrument angelangt wird der 67-Jährige Abercrombie zum Kraftpaket, versunken in regungslose Buddha-Ruhe, gleichzeitig die Sensoren auf die Stimmen der anderen eingestellt. Geschöpft wurde aus einem halben Jahrhundert Musikerleben, das aber ohne Retro- Anstrich oder Patchwork. Schwimmende Garbarek-Weiten, unkonventionelle Klangexperimente, Latin- und African-Groove waren in dem Modern-Free-Post-Bebop an schlüssiger Stelle ebenso dran wie der Free-Jazz-Session-Eindruck im ersten Konzertteil. Wenn John Abercrombie mit seinem signifikanten, sprechend phrasierenden Halb-Legato gelassen unendliche Melodien spinnt, daneben Billy Drewes, halbgebückt sein Altsax schwenkend im selben Wellenrhythmus zu wilden Rouladen aufdreht, sich beide ungeniert haarsträubend kreuzen, Drew Gress scheinbar ungerührt, boppig elektrisierend schnell seinen – auch soundtechnisch etwas beschnittenen – Kontrabass zupft und Drummer Joey Baron wie aus dem Off praktisch in Echtzeit mit Drewes anschreddert; wenn die Solisten für sich allein zu spielen scheinen und trotzdem spürbar irgendwie verbunden sind, dazu die Rhythmusgruppe ihrerseits diffizile Statements gibt – dann wünscht man sich die Fähigkeit zum vierkanaligen Hören, um sich jeder kostbaren Einzelstimme widmen zu können. Die Hörer mussten erst reinkommen in den kantigen Quadrolog, der sich nicht mit Warming-Up-Geplauder aufhielt, sich nicht um ein smoothes Äußeres, um klanglich Gelacktes bemüht, sondern in medias res startete. Der kultisch tiefe, knallende Beat und der flächige Gitarrensound ergaben eine eigentümliche Klangraumwirkung.  Aus dem Folk mit Bordun schälte sich der Bop, aus dem Klanggeräusch-Spaziergang wurde Ekstase, das „Pink Panther“-Schleichen endete mit kinderliedleichtem Tonfolgethema und wider Erwarten war die Nummer noch lange nicht zu Ende: Jede Nummer war ein Erlebnis, der Abend auf rauem Gipfelniveau so anspruchs- wie gehaltvoll und schließlich begeisternd.