The KUH Trio | 04.03.2023

Donaukurier | Karl Leitner
 

Was macht eine Kuh im Birdland? Und wie bewältigte sie den Weg die lange Treppe hinunter ins Gewölbe und auf die dortige Bühne? Eine mysteriöse Angelegenheit? Nein, gar nicht. Schließlich spielen im Kuh Trio, das für diesen Abend angekündigt ist, der Gitarrist Edi Köhldorfer, der Kontrabassist František Uhlíř und der Schlagzeuger Jaromir Helešic mit, und die Initialen der drei Familiennamen ergeben nun mal „Kuh“. Früher war statt eines Gitarristen übrigens der Pianist Roberto Magris mit an Bord, weswegen man sich damals auch – wie passend – „Muh Trio“ nannte.

Um im Bild zu bleiben: Die Kuh an diesem hochklassigen Abend im Birdland ist weder braun noch schwarz- weiß gescheckt und schon gar nicht lila, sondern überaus farbenfroh. Zu Beginn kommen einem – vom Klangbild, weniger von der Spielweise der Beteiligten her – Eberhard Weber’s für ECM eingespielte „Colours Of Chloë“ in den Sinn, was vor allem an Uhlíř’s sensationellem Bass-Sound liegt. Er bedient sich zweier Pick Ups und erzeugt damit einen wie in Fels gemeißelten, markanten, schlanken, niemals wabernden Ton, der geradezu einlädt zur Übernahme der wunderschönen Themen und Melodielinien von Stücken aus eigener Feder wie „You Are Never At Home“, „Maybe Later“ oder „From Heart To Heart“. Diese Aufgabe fiele normalerweise dem Gitarristen zu, aber das österreichisch-tschechische Trio hat im Grunde zwei Leader, die sich wunderbar ergänzen aber auch jeder für sich eine eigene Linie verfolgen.

Uhlíř’s „Big Mouth“ (O-Ton: „Unser einziges politisches Stück. Aber es geht darin nicht nur um Politiker mit seltsamen Frisuren.“) und sein „Javor“ (zu deutsch: „Arber“) über den höchsten Gipfel des Böhmerwaldes, stehen einträchtig neben Köhldorfer’s „Game III“ und das für seine Partner aus Böhmen geschriebene „O Samba Boemio“ sowie „Frantology“ speziell für den Mann am Bass und seinen eleganten Sound. Dezent aber unerbittlich ziehen die drei an einem gemeinsamen Strang. Keiner scheint je an seine Grenzen zu gehen, feinsinnige Sensibilität und vornehme Zurückhaltung prägen den Abend, die Stücke umweht die Aura des Edlen, in der Vordergründigkeit und Effekthascherei keinen Platz haben. Einzig Köhldorfer’s „Old Souls“, eine wunderbare Ballade und gleichzeitig das Titelstück des brandneuen Albums des Trios, hätte in der Liveversion vielleicht auch ganz gut auf eine von John Scofield’s Platten der „Loud Jazz“-Ära gepasst. Wohlgemerkt auch hier nur wegen der klanglichen Stimmung, weniger wegen der Spielweise.

In der Tat haben sich unter dem auf den ersten Blick etwas sonderbaren Bandnamen hier drei Individualisten gefunden, die perfekt harmonieren, zwischen denen es ganz einfach „passt“. Jeder bringt eigene Kompositionen, eigene Ideen und seine eigene Stilistik ein, die aber nur durch die Sensibilität der Beteiligten und deren Sinn für das große Ganze zu diesem außergewöhnlichen Ergebnis führen. Was wiederum deutlich macht, dass man gerade Regionen, die man hierzulande normalerweise weniger mit Mainstream- oder Modern Jazz in Verbindung bringt, tunlichst nicht aus den Augen lassen sollte. Ein Hoch auf die Kuh!