Rita Marcotulli Trio | 03.03.2023

Donaukurier | Karl Leitner
 

Ein weiteres Konzert der Birdland-Reihe „Art Of Piano“ ist angekündigt. Da spitzt man nach den überaus positiven Erfahrungen der letzten Veranstaltungen unter dieser Überschrift automatisch ganz besonders die Ohren. Völlig zu recht, denn mit Rita Marcotulli aus Rom, dem Kontrabassisten Michel Benita aus Paris und dem Schlagzeuger, Perkussionisten und Sänger aus Tijuana, Mexiko, ist ein Trio im Gewölbe unter der einstigen Hofapotheke zu Gast, das zum anscheinend unerschöpflichen Thema „Piano Trio“ erstaunliche Neuigkeiten beizutragen hat.

Zuerst stimmt die Combo sich mit „Rappresenta“ ein auf einen gemeinsamen Groove, verständigt sich auf eine Art Flow, wird abgelöst von „Yin And Yang“ als symbolträchtiger Formel für all die Vielfalt, den schier unerschöpflichen Variantenreichtum, der danach folgt. Die lyrische Sensibilität der von wunderbaren Bassfiguren dominierten Ballade „Nightfalls“, die Vertonung eines Briefes von Frida Kahlo mit dem Titel „Azul“ mit spanischem Text – Israel Varela ist in seinem Nebenjob als Sänger absolut überzeugend – oder die dem schwedischen Pianisten Bobo Stenson gewidmete akustische Träumerei noch vor der Pause sind der eine Pol. Der andere vermittelt die durchaus auch vorhandene Liebe zur Rasanz, die Leidenschaft für dramatische Momente, in denen Varela mehr zum Perkussionisten wird, statt der Besen oder Stöcke die Hände einsetzt und als Alternative zu seinem ansonsten eher sparsamen Spiel anbietet.

Was immer das Trio auch tut, die Eigenkompositionen, die vor allem von Marcotulli stammen, sind über jeden Zweifel erhaben. Die Eckdaten liegen jeweils fest, Freiräume für Soli wurden vorab eingeplant, die improvisierten Abschnitte sind nicht zu lang, nichts läuft aus dem Ruder, verselbstständigt sich und bleibt doch in jedem Augenblick spannend. Die transparenten Arrangements sorgen für Nachvollziehbarkeit, auch wenn es mitunter durchaus komplex zugeht, und ab und zu werden aus an sich eher dem Modern Jazz zuzurechnenden Stücken fast Songs in herkömmlichem Sinne. Titel wie „Indaco“, „Elements“, Escape“ oder „Heliopolis“ mit ihren hinreißenden Themen und ihrer rhythmischen Dichte, die zu ständigen Variationen geradezu einladen und im Kopf des Zuhörers im Hintergrund immer mitlaufen, auch wenn sich die Band immer wieder mit voller Absicht von ihnen entfernt, sind exemplarisch für das Vorhaben des Trios, Anspruch und Lust zu verbinden.

Und am Ende tritt sogar der überaus seltene Fall ein, dass das Publikum zum Mitsingen aufgefordert wird, ohne dass dies anbiedernd oder peinlich wirkt. Ja, die einfachen, aber kraftvollen, zu rein harmonischen Zwecken eingeforderten Backing Vocals machen sich sogar ausnehmend gut. – „Eine neue, faszinierende Facette im Neuburger Piano-Spektrum“ sei zu erwarten, hatte es vorab im Programmheft geheißen. Ja, diese Erwartung erfüllt sich in jeder Hinsicht. Nach dem umjubelten Konzert Rita Marcotulli’s zusammen mit Luciano Biondini im Jahre 2020, von dem Ohrenzeugen noch heute schwärmen, nun also wieder einer dieser denkwürdigen Abende mit der großartigen Pianistin, Komponistin und Arrangeurin aus Rom.