The Hotstuff Jazzband | 12.02.2022

Neuburger Rundschau | Peter Abspacher
 

Man könnte meinen, an diesem Abend gebe es im Birdland vielleicht gar keinen „richtigen“ Jazz. Die Stücke dieser Fünfer-Combo namens The Hot Stuff Jazzband seien zu eingängig, zu unterhaltsam, zu populär, strukturell eher einfach. Songs aus Disney-Filmen wie Arielle, die Meerjungfrau, Roger Rabbit, Mary Poppins („Mit `nem kleen Stückchen Zucker…“) oder auch „Bei mir bist du scheen“, solche Sachen.

Aber es wäre ein Missverständnis, diesen Auftritt von Heinz Dauhrer (Trompete, Flügelhorn), Butch Kellem (Posanue), John Brunton (Gitarre,) Eric Stevens (Bass) und Hermann Roth am Schlagzeug in andere Kategorien als in die große weite Welt des Jazz einzuordnen. Ja, das ist Unterhaltung, allerdings in einer artifiziellen, oft umwerfend witzigen Form.

Das Quintett nimmt die Songs aus den Walt-Disney-Filmen und bis hin zum alten Schlager „Oh when the saints …“ zunächst so, wie sie jeder kennt. Dann aber packen sie die Einzelteile dieser alten Schlager und treiben damit ein faszinierendes Spiel. Plötzlich sind Harmonien zu hören, die so schräg und so gekonnt verfremdet sind, dass aus einem scheinbar simplen Song etwas Verwegenes wird. Man taucht schwuppdiwupp ins volle Jazzer-Leben hinab.

Dem Zucker-Song aus Mary Poppins geben harmonische Querschläger ordentlich Zunder, rhythmische Volten norden die Klänge aus „Roger Rabbit“ richtig auf, das Lied der Krabbe aus „Arielle“ entwickelt sich zu einer tollen musikalischen Blödelei. Das alles ist, wenn man sich darauf einlässt, ein großer Spaß, frech, frisch, frappierend, vom Bassisten Eric Stevens nach allen Regeln der Kunst arrangiert.

Die fünf Jazzer stellen manches Kabinettstück auf die Bühne. Heinz Dauhrer an der Trompete und der Posaunist Butch Kellem gönnen sich heiße Duette, gelegentlich fast enthemmt. Die E-Gitarre von John Brunton swingt leicht und schwebend . Und hinten auf der Bühne spielt Eric Stevens mit sparsamer Körpersprache einen edlen, warmen Bass und freut sich neben dem elegant agierenden Schlagzeuger Hermann Roth darüber, was alle Fünf aus seinen Arrangements zaubern.

Da ist eine Band am Werk, die sich in den zwei harten Corona-Jahren die Aufgabe gesetzt hat, Songs aus Disney-Filmen und anderes Pop-Material in ihre, ganz andere Jazzwelt zu transformieren. Manches ist wild, zum Teil auch vogelwild, wenn man den eigentlichen Sinn dieses Wort versteht. Klasse zum Beispiel ist die Art, wie Butch Kellem und John Brunton die Ballade „A shanty in an old shanty town“ in eine Mischung aus Rap und Zwoagsang verwandeln. Oder Die Hot-Stuff-Version von „Bei mir bist du scheen..“

Das ist ein verzinkte, raffinierte Musik, mit frech verfremdeten Texten und mit Anklängen an Georg Ringsgwandl und andere musikalische Spaßmacher der besten Sorte. Es ist so schwer und wirkt so leichtfüßig. Dank Söder, wie Heinz Dauhrer mit einem süßsauren Lächeln verkündete, durfte der Birdland-Club nach langer Zeit wieder gut gefüllt sein. Es wäre jammerschade gewesen, wenn nur wenige Zuhörer in den Genuss dieses Abends hätten kommen dürfen.