The Hot Stuff Jazzband | 26.02.2023

Donaukurier | Karl Leitner
 

Muss Jazz eigentlich zwingend einen intellektuellen Hinter­grund haben? Oder darf er bei passender Gelegenheit auch einfach mal nur Spaß machen? Natürlich darf er das. Und im Falle des Konzerts der Hot Stuff Jazz­band im Birdland tut er das auch.

Heinz Dauhrer, der in dem Quintett nicht nur für Trompete und Flügelhorn zuständig ist, sondern auch für die Mo­deration, nimmt das Publikum im aus­verkauften Club-Gewölbe an die Hand und entführt es mit Witz und Charme auf eine musikalische Zeitreise unter dem Motto „So klang Jazz damals“. Mit dem „Tiger Rag“ aus dem Jahre 1917, dem ersten Jazz-Stück überhaupt auf Tonträ­ger, wolle er zwar nicht beginnen, sagt er, aber mit Louis Armstrong’s „West End Blues“ von 1927 durchaus. Und dann tasten sich er, Butch Kellem an der Posaune, John Brunton an der Gitarre, Gary Todd am Kontrabass und Hermann Roth am Schlagzeug allmählich vor­wärts, um noch vor der Pause bei Dizzy Gillespie und Sonny Stitt anzukommen.

Old Time Jazz, Swing, Bebop – die Band erweist sich in jedem Zeitabschnitt der Jazzgeschichte als überaus kompe­tent. Ein paar Ungenauigkeiten schlei­chen sich bei aller Routine zwar ein und es gibt auch gelegentliche Längen, aber wen stört das schon? Das Publikum ganz bestimmt nicht, denn das hat hörbar sei­nen Spaß und wird am Ende mehrere Zugaben einfordern, und die Stimmung im Saal ganz gewiss auch nicht. Gleich nach der Pause kommt – unauffällig ein­gebettet zwischen Wes Montgomery und Duke Ellington – die in diesem Umfeld sicherlich überraschendste Nummer des ganzen Abends, Billy Joel’s „Just The Way You Are“ nämlich. Die Singer/ Songwriter-Ballade von 1977 fällt zwar komplett aus dem Rahmen, macht sich aber in der Bearbeitung der Hot Stoff Jazzband ausnehmend gut.

Wie auch der Rest mit Exzerpten aus dem Walt Disney-Programm des Quin­tetts, mit Eigenkompositionen und origi­nellen Adaptionen. Das liegt natürlich auch an den Arrangements des leider kürzlich verstorbenen Kontrabassisten Eric Stevens, derer sich die Band weiter­hin bedient. Sie rücken in der zweiten Hälfte des Konzerts immer mehr in den Mittelpunkt ,wenn es um „Under The Sea“ aus „Arielle, die Meerjungfrau geht“ oder um seine hervorragende Neu­ausrichtung des durch Doris Day und Nat King Cole bekannt gemachten Klas­sikers „When I Fall In Love“.

Und bei Ellington’s berühmtem Be­kenntnis „It Don’t Mean A Thing When It Ain’t Got That Swing“ kommt noch­mal der trockene Humor, der den ganzen Abend durchweht, ganz deutlich zum Vorschein. Ohne Swing geht also nichts? Diesem Statement stimmt an sich auch die Hott Stuff Jazzband bedingungslos zu – und schmettert trotzdem eine rasan­te funky Version besagten Evergreens in den Saal, der sich zuerst erstaunlich stör­risch zeigt und erst nach längerem Wi­derstand und ganz allmählich auf Swing-Spur gebracht werden kann. Es scheint fast, als würde Heinz Dauhrer angesichts dieses beabsichtigten scheinbaren Um­wegs ver­schmitzt grinsen. Ob­wohl, gin­ge das überhaupt, da er doch die ganze Zeit über sein Instrument an den Lip­pen hat?