The Great Guitars | 25.04.1999

Neuburger Rundschau | Dr. Tobias Böcker
 

Drei sehr lebendige lebende Legenden präsentierten sich am Sonntag Abend im Birdland Jazzclub in Neuburg. Herb Ellis, Mundell Lowe und John Pisano zeigten im Zeichen der „Great Guitars“, was Swing auch heute noch bedeuten kann.

Was treibt drei jung gebliebene Endsiebziger (Halt! Pisano ist erst 67!) immer noch und immer wieder auf die Bühne? Sicher nicht nur Spiellaune, sicher nicht nur der Versuch, dem unvermeidlichen Alter noch etwas entgegenzusetzen. Vielleicht kommt dazu die Überzeugung, daß alles einmal wiederkommt, daß nicht einfach zum alten Eisen gehört, was nicht mehr dem Diktat der ja ohnehin immer rascher wechselnden Moden unterliegt. So paßte es zur derzeit wieder aufflammeden Swingmode, daß das Birdland beim Auftritt der drei Gitarrenveteranen bis auf den letzten Platz gefüllt war. Mit „Seven come eleven“ von Charlie Christian (nicht von Beny Goodman, dem dieser Titel immer noch fälschlicherweise zugeschrieben wird) orteten sie auch gleich ihren Standpunkt: Gepflegte unterhaltende entspannte und entspannende Musik, die immer im Rahmen bleibt und leichtfüßiges Leben verspricht. Die drei Great Guitars spielen sich routiniert die Bälle zu, drei Freunde, die füreinander da sind, keiner auf Kosten des anderen. Herb Ellis, der zu Beginn noch die eine oder andere kreative Lücke mit Routine und Eleganz überspielt, läuft zu immer größerer Form auf, zeigt letztendlich doch, warum er seit Jahrzehnten in der ersten Reihe der Swing-Gitarristen steht. Mit perlendem Single-note Spiel, flüssig, elegant und mit der geballten Erfahrung von 77 Lebensjahren zeigt Ellis, daß der Jazz Gelegenheit gibt, in Würde alt zu sein. Mundell Lowe steht seinem Partner in nichts nach, er erschließt die Leichtigkeit des Seins auf seine Weise. John Pisano schließlich, die interne Frischzellenkur, unterstützt seine beiden Mitstreiter mit Witz, Elan und der notwendigen Bodenschwere. Seine manchmal etwas kantigeren und eigenwilligen Solos erden das lichte und schwebende Spiel von Ellis und Lowe, halten das Ganze am Boden, bevor es in leichtfüßiger Beliebigkeit abzuheben droht. Fast alle unvermeidlichen Klassiker erklangen, aber auf dann doch recht nachdenkliche Weise. Und das war das eigentlich Überraschende an diesem bemerkenswerten Konzert. Insgesamt überwogen die nachdenklichen Töne, leise Randbemerkungen zum Leben, dem Universum und dem ganzen Rest, immer mit einer Prise Understatement, aber immer getragen von Ehrlichkeit und Tiefe. Man muß den Jazz ja nicht dauernd neu erfinden, um Gültiges zu sagen. Wer aufmerksam zuhört, kann auch noch etwas lernen, wenn bereits Gesagtes eindringlich und überzeugend wiederholt wird. Die Great Guitars gaben hierfür ein lebhaftes Beispiel.