Enthusiastischen Jubel entfachte die Bump the Renaissance Band am Freitag abend im Birdland Jazzclub mit einer Musik, wie sie weit über die Jahrtausendwende hinaus Bestand haben wird. Ein Konzert jenseits aller Superlative ließ Jazz hören, der selbst im verwöhnten Neuburg uneingeschränkten Seltenheitswert besitzt.
Jeder der fünf Musiker, die sich hier zusammen getan haben um „der Renaissance einen Stups zu versetzen“, wäre es wert, mit seinem eigenen Projekt gehört zu werden. Was sie vereint boten, ist der absoluten Spitzenklasse dessen zuzurechnen, was dem Jazzliebhaber derzeit auf diesem Planeten zu Gehör kommen kann.
Bereits der eher nachdenkliche Einstieg in den Abend zeigte, daß es nicht allein um kurzweilige Unterhaltung ging, sondern um die Reflexion von Möglichkeiten der Musik und des Lebens. Jeder der Musiker lotet sein Instrument in die äußerst denkbaren Grenzbereiche hinein aus. Ray Anderson entlockt der Posaune schier unglaubliche Klänge. Ekstatisch explosive Momente von derzeit wohl beispielloser Virtuosität und Dichte verbinden sich mit meditativen Grenzgängen in kaum für möglich gehaltene Klangregionen. Ihm zur Seite – und nur auf den ersten Blick weniger spektakulär – zeigt Marty Ehrlich am Tenorsaxophon, wie im Jazz Utopien Wirklichkeit werden. Nicht allein, daß es ihm gelingt, dem Saxophon dreistimmige Akkorde zu entlocken. Sein Spiel elektrisiert und fasziniert weit über die technische Brillanz hinaus. Irgendwo zwischen Sonny Rollins, Lester Young und John Zorn hat Ehrlich seinen eigenen erdenschweren und gleichzeitig unmittelbaren Ton gefunden, der melodische Linien voller Überraschungen über alle Grenzen trägt. Wayne Horwitz liefert am Piano harmonische und rhythmische Basisarbeit, die den Bläsern Halt gibt und gleichzeitig Freiraum erarbeitet. In seinen Soli führen melodisch innovative Energie gepaart mit perkussiv rhythmischen Strukturen hinein in fast mystisch anmutende Erfahrungsräume, die die ganze Tiefe des Daseins erahnen lassen. Mit manchmal nur sparsam hingetupften Akkorden gelingt es Horwitz, Spannung aufzubauen, pulsierendes Leben erspüren zu lassen, den Zuhörer mitzunehmen auf eine Reise in die unendliche Weite der Zeit. Das Ganze ist getrieben von dem unglaublich dynamischen Groove, den Bobby Previte am Schlagzeug und Steve Swallow am E-Bass erzeugen. Swallow, in der rhythmischen Vorgabe voller Hingabe, Kraft und Klarheit, entwickelt im Solo weiche Linien von schwebender Anmut und einer melodischen Flüssigkeit, die manchen Gitarristen vor Neid erblassen lassen können. Swallow ist es, der wesentlichen Anteil daran hat, daß die Band bei aller Kraft auch immer lyrisches Potential entfaltet. Bobby Previte, der ein solches „Bump the Renaissance“ Projekt bereits einmal in den achtziger Jahren initiiert hatte, ist in jeder Phase der Motor des Geschehens. Sein brodelnder Groove erfüllt den letzten Winkel der Musik. Er scheint wahrhaftig hundert Arme zu besitzen, jedenfalls eine schier unerschöpfliche rhythmische Phantasie, immer voller Energie und Leben.
Die Bump the Renaissance Band spielt funky, free, Blues – selbst ein Ausflug in den Boogie-Woogie war zu hören – , Bop, noise, keine Schublade kann hier zugemacht werden, alles steht zur Disposition. Dabei ist nichts unorganisch, die Band ist immer homogen und klar und immer auf höchstem Niveau.
Bump the Renaissance, das sind Geschichten von der Not und von der Lust des Daseins, von Elend und Freude, von Liebe und Leben. Diesen Geschichten zuzuhören lohnt. Nur ein Wunsch bleibt: Daß die „Bump the Renaissance Band“ ihre Musik alsbald auf einem Tonträger verewigt.