The Clayton – Hamilton Jazz Orchestra | 24.11.2005

Neuburger Rundschau | Dr. Tobias Böcker
 

(Audi Forum Ingolstadt)

Wenn Jeff Hamilton die Trommelstöcke in die Hand nimmt und mit ihnen Felle und Becken streichelt, erhebt sich ein so leichtfüßiger swing, dass ein ganzer Abend zu schweben beginnt. Der Drummer, seine beiden Freunde und Brüder im Geiste John und Jeff Clayton und eine großartige Bigband legten das Audiforum Ingolstadt mit einem fliegenden Teppich aus, der selbst im donnergrollenden Tutti der Band noch zu elegantestem Gleitflug fähig blieb.

Nichts für Warmduscher andererseits, die Band lässt raus, was irgend drin ist. Und das ist eine ganze Menge: Feurige Trompeter, die mit Highnotes nur so um sich werfen, growlende Posaunen von wuchtiger Fülle, Saxophone in rasantem Steilflug, kurz, eine Bläsersection von besonderem Format, solo wie im trauten Bunde. Da lacht das Herz, da swingt die Seele locker mit, wenn die Posaunen unisono mit Tommy Dorsey über die „sunny side of the street“ tänzeln, jede mal kurz im eigenen Wechselschritt, wenn die Trompeten Theolnious Monks „Evidence“ immer mehr auf Turbotouren bringen, wenn die Saxophone um den Powerbläser Jeff Clayton cool und lässig Lester Young und Milt Jackson „Reverence“ erweisen.

Dahinter setzt der unablässige Unternehmungsgeist einer kompakt eleganten Rhythmuscrew um den fabulösen Drummer Jeff Hamilton der MEZ ihr ganz eigenes Taktgefühl entgegen, enthebt der Zeit und lässt den swing in jeden Winkel ein. Nicht von ungefähr fällt immer wieder der Name eines Mannes, der wie kaum ein anderer für das timing des modernen Jazz überhaupt steht: Ray Brown, auf dessen geistige Vaterschaft sich Hamilton und die beiden Claytons gleichermaßen berufen, der übrigens am 17. März 2001 – ein gutes Jahr vor seinem Tod – das Audiforum erstmals für den Jazz erschloss.

An der Spitze der so entfesselt wie stets kultiviert spielenden Band steht mit dem Meisterbassisten John Clayton ein Leader, der ganz ungezwungen und wie nebenher einen der besten Klangkörper des Planeten geformt hat. Intelligenz kommt hinzu, eine nachdenkliche Version von Louis Armstrongs „What a Wonderful World“ reflektiert all das, was an Widersprüchlichem in diesem Stück enthalten ist angesichts der Schrecknisse der Realität und der gleichwohl wunderbaren Momente, die das Leben dennoch bereit hält, einen davon an diesem Abend beim „One o’Clock Jump“ im Audiforum – knapp einen Meter über dem Boden schwebend.