The Canadian Jazz Collective | 06.05.2022

Donaukurier | Karl Leitner
 

Zu Beginn des Konzerts im Neuburger Birdland Jazzclub liegt das Canadian Jazz Collective quasi noch in ihren Geburtswehen. Dies ist nach zwei Auftritten vorher in Paris nämlich erst der dritte überhaupt nach Gründung der Band. Dass das Septett angesichts dessen die ersten Stücke des Abends erst einmal verhalten angeht, ist also durchaus verständlich.

Kirk MacDonald (Tenorsaxofon), Derrick Gardner (Trompete, Flügelhorn), Virginia MacDonald (Klarinette) Lorne Lofsky (Gitarre), Fabio Miano (Klavier) und Neil Swanson (Kontrabass) kommen aus verschiedenen Teilen Kanadas, Schlagzeuger Bernd Reiter hat sich aus Graz hinzugesellt, gemeinsam hat man ein Programm entworfen, das ausschließlich aus Eigenkompositionen besteht. Das Konzept sieht viel Freiraum für alle Solisten vor, aber auch, dass deren Beiträge nacheinander abgerufen werden, während ein spontaner Austausch in Form von Dialogen aus dem Augenblick heraus erst einmal noch nicht vorgesehen ist.

Natürlich geht es ohne Anweisungen des jeweiligen Komponisten vor und während der Stücke in dieser frühen Phase noch nicht, ist das Spielen vom Blatt angesichts der nicht eben simplen Themen von Titeln wie „Dig That“ oder „Shadows“ unverzichtbar. Die Band läuft bereits erstaunlich rund, der letzte Kick aber fehlt noch, wenngleich auch deutlich zu beobachten ist, wie das Septett von Stück zu Stück die Bremsen lockert, an Spritzigkeit zulegt, vor allem in deren Mittelteilen mehr wagt, mehr und mehr zum echten Collective wird.

Dass im Rahmen eines Konzerts, das weit über zweieinhalb Stunden dauert, lediglich acht Kompositionen gespielt werden, sagt einiges über deren Dauer aus. Kein Stück ist kürzer als zehn Minuten, weil die jeweiligen Solisten tatsächlich etwas zu sagen haben. Das gilt für „Theme For Du Sable“, das Trompeter Derrick Gardner dem Gründer seiner Heimatstadt Chicago, Jean Baptiste Point Du Sable, gewidmet hat, und auch für das Paradestück des Abends, Kirk MacDonald’s „Life Cycles“, einer insgesamt achtteiligen Suite, deren Movements 6 bis 8 den Abend beschließen. Es handelt sich dabei – wie auch bei den restlichen Stücken des Konzerts – um eine doch recht komplexe Komposition mit etlichen Stellen, die nicht eben leicht zu bewältigen sind und höchste Konzentration fordert. Auf Seiten der Musiker ebenso wie bei den Anwesenden im Birdland-Gewölbe.

Offensichtlich ist, wie hungrig die Musiker danach sind, endlich wieder live spielen zu können, ein neues Programm und eine neue Band vorzustellen. Ebenso offensichtlich ist, dass das Publikum allmählich wieder bereit sind, die pandemiebedingte Zurückhaltung abzulegen und den Jazzclub fast bis auf den letzten Platz zu füllen, auch wenn das gastierende Ensemble wie in diesem Fall vermutlich nicht jeder vorab gekannt haben dürfte. Wie sehr die Band selbst den Abend genießt und wie entspannt deren Mitglieder sind, wenn sie sich frei bewegen können, belegt schließlich die Zugabe in Form eines absolut relaxten Jams auf der Basis eines Slow Blues. The Canadian Jazz Collective nimmt Fahrt auf und kommt auf Touren.