„Lebende Legenden“ – der Ausdruck ist durch inflationären Gebrauch derart abgedroschen, dass er kaum noch etwas bedeutet. Aber was soll man sonst sagen, wenn mit Kenny Barron, Billy Cobham und Ron Carter drei Männer im kleinen Neuburg an der Donau Hof halten, die jeder für sich ein gerüttelt Teil Jazzgeschichte geschrieben haben, tags zuvor noch in der ausverkauften Queen Elisabeth Hall in London das Publikum begeisterten und nun im Birdland Jazzclub beim einzigen Konzert in Deutschland leibhaftig zu bewundern sind? Da erstarrt sogar so mancher gestandene Jazzprofi in Ehrfurcht: „Ich bin richtiggehend nervös“ bekennt ein namhafter Gitarrist aus dem süddeutschen Raum vor dem Konzert. Auch das Publikum, angereist aus ganz Süddeutschland von Plauen bis Mindelheim zum seit Wochen ausverkauften Konzert, verharrt zunächst in ehrerbietigem Respekt; fast akademisch wirkt die Atmosphäre in der ersten halben Stunde. Dann jedoch taut die Stimmung mehr und mehr auf, löst sich die Spannung angesichts der kommunikativen Spontaneität, mit der sich die Heroen nach gepflegt soigniertem Beginn auf die akustische Atmosphäre des Clubs einlassen. Von Beginn an offenbaren die Drei ein untrügliches Gespür für swing, time und filigrane Eleganz, schütteln kleine feine Zaubereien nur so aus dem Ärmel, lassen Standards des Great American Songbook wie eigene Kompositionen funkeln in einem Hauch von sternenstaubbekränztem Glanz: Musik von schlichtweg überwältigender Perfektion.
„The Art of Three“ ist eigentlich entstanden aus dem Wunsch Billy Cobhams, seine Erfahrung als Jazzmusiker systematisch zu erfassen, weiterzugeben in einer Art akustischem Lehrbuch. „The Art of Four“ bzw. „Five“ sollen noch folgen. In der Tat, was Barron, Carter und Cobham im Birdland bieten, ist eine gültige Bestandsaufnahme der Möglichkeiten eines Jazztrios in der klassischen Besetzung Piano, Bass und Schlagzeug: Ideale Balance von Freiheit und Bindung, aufeinander eingeschwungenes Zuhören und elastischer Wechsel der Stimmführung in fein austarierter Kohärenz der Räume. Als „Brain Food“ bezeichnet Cobham selbst während einer Ansage, was die drei auf der Bühne gemeinsam zubereiten zum Wohle der Zuhörer, auf’s Feinste abgeschmeckt vom Hors d’oeuvre bis zum Dessert während eines fast dreistündigen Menüs.