Tamir Hendelman Trio | 24.09.2022

Neuburger Rundschau | Peter Abspacher
 

Die klassische Jazz-Triobesetzung mit Klavier, Bass und Schlagzeug zu einer stimmigen, wirklichen Einheit zu bringen, ist keine leichte Übung. Diese Formation hat nur ein echtes Melodie- und Harmonieinstrument, die Mitstreiter des Mannes am Klavier, also der Drummer und der Bassist, müssen sich in die vergleichsweise privilegierten Möglichkeiten des Tastenkünstlers hineinfügen. Daraus entsteht nicht immer eine musikalische Einheit.

Das Tamir Hendelman Trio hat diese kleine Klippe vor einem stimmigen musikalischen Gesamtbild grandios umschifft. Alex Frank am Bass und German Cornet am Schlagzeug zeigen, auch wenn sie gerade nur ein paar leise Töne zu spielen haben, auf frappierende Weise präsent. Das manchmal überstrapazierte Bild von der Augenhöhe mit dem Bandleader Hendelman am Bösendorfer-Flügel trifft da voll zu.

Mit ihren Soli begeistern Bassist und Drummer zwischendurch oft genug ihr Publikum, mit Virtuosität und musikalischer Tiefe. Aber das ist nicht das Entscheidende für dieses Trio als Jazz-Einheit. Bass, Schlagzeug und Klavier klingen hier aus einer durchgehenden Idee heraus in einer swingenden Spiellust zusammen, es kommt ein zugleich kraftvoll und mit Leichtigkeit ins Werk gesetzter, hochspannender Sound über die Rampe.

Der Pianist Tamir Hendelman stellt seine lyrischen Passagen – etwa in dem Song „On the street, where we live“ aus dem Musical My fair lady – oder seine wilden Ritte über die komplette Tastatur als Angebot an Bass und Schlagzeug in den Birdland-Keller. Ein Angebot zum Musizieren aus einem Guss, die man unmöglich ablehnen oder auch nur ein bisschen überhören kann.

Stücke wie „Night train“ von Oscar Peterson und „My song“ von Keith Jarrett gelingen dem Trio vom ersten bis zum letzten Ton auf eine so überzeugende Weise, dass man glaubt, diese großen Jazzklassiker immer schon genau mit diesem Arrangement gehört und geliebt zu haben. Dieser leuchtende rote Faden zieht sich als Markenzeichen durch das ganze Konzert.

Die weite Welt des Jazz lebt von der Freiheit, vom der Improvisation, von verwegenen und auch etwas verrückten Einfällen. Ein tolles Stück mit all diesen Elementen lieferte German Cornet mit einem langen Schlagzeug-Solo. Was dieser Jazzer mit seinen Sticks und Besen den Becken und Trommeln entlockte, am Ende auch mit seinen bloßen Händen, war umwerfend. Präzise, farbenreich, mit stupenden Rhythmuskapriolen auf eine selbstverständliche, charmante Art.

Solche Züge bot auch der Mann am Bass in vielen Varianten. Bei seinem mit dem Bogen gespielten Mireiille-Matthieu-Song „Schau mich bitte nicht so an“ erlaubte sich Alex Frank aber erstaunliche Intonationstrübungen. Jazzer können und sollen viele Freiheiten herausnehmen. Die Freiheit des nicht ganz sauberen Spiels gehört eher weniger dazu.