Bereits nach den ersten beiden Stücken des Abends ist es offensichtlich. Die vier Personen auf der Bühne wollen ihr Publikum auf lockere, unakademische und unprätentiöse Weise unterhalten und die Leute im ausverkauften Birdland-Keller wollen, dass genau das passieren möge. Die Sache ist eigentlich also ganz einfach. Und das Vorhaben klappt. Am Ende fordert das Auditorium lauthals drei Zugaben – was selbst im Birdland nicht allzu häufig vorkommt – und die Künstler verschließen sich diesem Wunsch selbstverständlich nicht.
Gut zwei Stunden Kurzweil unter der Fahne des Swing sind also angesagt, wobei freilich beileibe nicht jedes Stück des Abends tatsächlich Swing ist, nach der Bearbeitung des Quartetts aber zu Swing wird. Die in St.Louis, Missouri, geborene Pianistin Stephanie Trick, ihr Kollege am Flügel Paolo Alderighi aus Mailand, die australische Kontrabassistin Nicki Parrott und der Kölner Engelbert Wrobel (Tenor- und Sopransaxofon, Klarinette) nehmen Duke Ellington’s Statement „It Don’t Mean A Thing If It Ain’t Got That Swing“ also ziemlich wörtlich, liefern swingende Versionen von Richard Rogers bis zu den Beatles, von Theo Mackeben bis zu Herp Alpert’s Tijuana Brass und verströmen dabei jede Menge gute Laune.
Was aber tut man, wenn man zwei so exzellente Pianisten in der Band hat wie in diesem Fall? Ganz einfach: Man lässt sie vierhändig spielen. Was natürlich, weil das nicht alltäglich ist, bestens ankommt, noch dazu, wenn sie sich stilistisch so gut ergänzen. Beide kommen von der Klassik und haben sich bei Fats Waller und Erroll Garner getroffen, wobei Alderighi eher der Allrounder ist und Trick eine ausgewiesene Ragtime-, Boogie und Stride-Spezialistin. Die Duette der beiden, in denen durchaus auch mal die Sitzpositionen getauscht werden, ohne dass der Groove darunter litte, sind denn auch die Glanzpunkte des Konzerts im Birdland. Sicherlich, es gibt auch ein paar Stücke, die ein klein wenig abfallen, Frank Sinatra’s „Five Minutes More“ etwa, wofür Johnny Mercer’s „Jeepers Creepers“, Fats Waller’s „Martinique“ und Fat’s Domino’s „Blueberry Hill“ aber wieder Entschädigung bieten.
Nicki Parrot gibt als Bassistin wie als Sängerin eine überzeugende Figur ab, Engelbert Wrobel ist ein sympathisch-witziger Moderator und bei Ben Webster’s „That’s All“ ganz in seinem Element. Im Laufe des Abends mag mancher im Saal zu der Erkenntnis gelangt sein, dass ihm zwar Namen wie Eubie Blake oder Ernesto Nazareth nicht sofort geläufig sind, die Melodien ihrer Stücke aber durchaus, dass er die Soli des Jazz, die er doch bisher oftmals als recht anstrengend empfand, plötzlich durchaus schätzt, weil sie so passgenau in diese swingenden Stücke eingefügt sind. So kann Werbung für den Jazz also auch aussehen.
Ganz am Ende gibt’s dann noch eine Lehrstunde in Sachen Boogie Woogie, eine vierhändige Tour de Force am Flügel in Richtung Big Joe Turner und Pete Johnson, die nicht nur swingt, sondern auch rockt und rollt wie die Hölle, sondern einmal mehr auch belegt, wie eng doch alles beieinander liegt. Der Ragtime, der Blues, der Swing, der frühe Jazz. Und woher später Chuck Berry und Little Richard ihre Ideen hatten, weiß man jetzt auch.