Daniel Garcia Trio „Vio de la Plata“ | 01.04.2022

Donaukurier | Karl Leitner
 

Flamenco? Da denken die meisten an Spanien, rasant gespielte Gitarren, feurige Tänzerinnen und Tän­zer und einen unwiderstehlichen Rhyth­mus. „Flamenco und Jazz sind Brüder“, sagt der Pianist Daniel García, der aus Salamanca kommt, und spielt dabei auf beider gemeinsame Merkmale an, den „Selbstausdruck, die völlige Hingabe im Moment des Musizierens sowie das tiefe Erleben im Augenblick.“

In der Musik, die er mit seinen Partnern Michael Olivera am Schlagzeug und Reinier Elizarde “El Negrón“ am Kon­trabass spielt, treffen diese beiden Brü­der aufeinander. Das Ergebnis ist ein rauschendes Familienfest, bei dem an­lässlich des Konzerts im Birdland natür­lich wie immer, wenn es etwas zu feiern gibt, auch Gäste willkommen sind. Die lassen sich nicht lange bitten, füllen das Gewölbe unter der ehemaligen Hofapo­theke bis fast auf den letzten Platz und werden Zeuge eines feurigen Auftritts dreier begnadeter Musik voller Lebens­freude, Esprit und Virtuosität.

Zur Aufführung kommen Stücke aus Garcías beiden aktuellen Alben „Travesu­ras“ und „Vía de La Plata“ und somit eine in höchstem Maße individuel­le Verbindung der Musik aus dem Nord­westen Spaniens, in der auch Keltisches und Nordisches mitschwingt, mit dem Jazz. Und, „wenn wir schon in einem le­gendären Jazzclub wie diesem hier spie­len dürfen“, wie García sagt, habe er be­schlossen, spontan auch noch Thelonious Monk’s „Rhyhthm-A-Ning“ mit ins Pro­gramm zu nehmen. Während Olivera förmlich über Becken und Trommeln zu fliegen scheint, ein immens dichtes rhythmisches Geflecht in den Saal zau­bert, während „El Negrón“ mit warmem Ton in die Tiefe stürzende Kaskaden und zauberhafte Girlanden nachzeichnet, ist García verantwortlich für die einschmei­chelnden Melodien, die lyrischen Intros, die perlenden Läufe, spielt graziös und feurig zugleich, ist der Mittler zwischen den Genres, die er behutsam und doch entschlossen zusammenführt. In „Dream Of Miles“ würdigt er die Vorarbeit, die Miles Davis mit dem Album „Sketches Of Spain“ bereits 1960 geleistet hat, an anderer Stelle geht es um Paco de Lucia und dessen Verdienste um die stilistische Öffnung des Flamenco.

„La Communidad“, „Calle Campania“, „Travesuras“ – jede Komposition hat ihre eigene Geschichte, wobei die der zuletzt Genannten, die zur Abschluss­nummer des Konzerts wird, alles bein­haltet und zusammenfasst, was dieses herausragende Trio inhaltlich ausmacht und alles über dessen Vorgehensweise aus­sagt. „Travesuras“ sind Possen und die Bandmitglieder sind in diesem Mo­ment die Possenspieler, die sich selbst – zur Freude des Publikums – alles erlau­ben dürfen und diese Freiheit auch weid­lich nutzen, wobei die Schlusssequenz sich geradezu hymnisch anhört, so als wollten die Mu­siker ihrem Publikum zu­rufen: „Lasst uns gemein­sam den Augen­blick feiern! Wir liefern die Fanfaren und ihr singt einfach mit.“ Es ist in der Tat ein besonderer Moment. Die Musiker grinsen und klatschen sich ab wie nach einem großen Erfolg. Und ein solcher ist es auch. Schließlich er­schallt der laute Ruf nach Zugabe ja nicht grundlos.