Flamenco? Da denken die meisten an Spanien, rasant gespielte Gitarren, feurige Tänzerinnen und Tänzer und einen unwiderstehlichen Rhythmus. „Flamenco und Jazz sind Brüder“, sagt der Pianist Daniel García, der aus Salamanca kommt, und spielt dabei auf beider gemeinsame Merkmale an, den „Selbstausdruck, die völlige Hingabe im Moment des Musizierens sowie das tiefe Erleben im Augenblick.“
In der Musik, die er mit seinen Partnern Michael Olivera am Schlagzeug und Reinier Elizarde “El Negrón“ am Kontrabass spielt, treffen diese beiden Brüder aufeinander. Das Ergebnis ist ein rauschendes Familienfest, bei dem anlässlich des Konzerts im Birdland natürlich wie immer, wenn es etwas zu feiern gibt, auch Gäste willkommen sind. Die lassen sich nicht lange bitten, füllen das Gewölbe unter der ehemaligen Hofapotheke bis fast auf den letzten Platz und werden Zeuge eines feurigen Auftritts dreier begnadeter Musik voller Lebensfreude, Esprit und Virtuosität.
Zur Aufführung kommen Stücke aus Garcías beiden aktuellen Alben „Travesuras“ und „Vía de La Plata“ und somit eine in höchstem Maße individuelle Verbindung der Musik aus dem Nordwesten Spaniens, in der auch Keltisches und Nordisches mitschwingt, mit dem Jazz. Und, „wenn wir schon in einem legendären Jazzclub wie diesem hier spielen dürfen“, wie García sagt, habe er beschlossen, spontan auch noch Thelonious Monk’s „Rhyhthm-A-Ning“ mit ins Programm zu nehmen. Während Olivera förmlich über Becken und Trommeln zu fliegen scheint, ein immens dichtes rhythmisches Geflecht in den Saal zaubert, während „El Negrón“ mit warmem Ton in die Tiefe stürzende Kaskaden und zauberhafte Girlanden nachzeichnet, ist García verantwortlich für die einschmeichelnden Melodien, die lyrischen Intros, die perlenden Läufe, spielt graziös und feurig zugleich, ist der Mittler zwischen den Genres, die er behutsam und doch entschlossen zusammenführt. In „Dream Of Miles“ würdigt er die Vorarbeit, die Miles Davis mit dem Album „Sketches Of Spain“ bereits 1960 geleistet hat, an anderer Stelle geht es um Paco de Lucia und dessen Verdienste um die stilistische Öffnung des Flamenco.
„La Communidad“, „Calle Campania“, „Travesuras“ – jede Komposition hat ihre eigene Geschichte, wobei die der zuletzt Genannten, die zur Abschlussnummer des Konzerts wird, alles beinhaltet und zusammenfasst, was dieses herausragende Trio inhaltlich ausmacht und alles über dessen Vorgehensweise aussagt. „Travesuras“ sind Possen und die Bandmitglieder sind in diesem Moment die Possenspieler, die sich selbst – zur Freude des Publikums – alles erlauben dürfen und diese Freiheit auch weidlich nutzen, wobei die Schlusssequenz sich geradezu hymnisch anhört, so als wollten die Musiker ihrem Publikum zurufen: „Lasst uns gemeinsam den Augenblick feiern! Wir liefern die Fanfaren und ihr singt einfach mit.“ Es ist in der Tat ein besonderer Moment. Die Musiker grinsen und klatschen sich ab wie nach einem großen Erfolg. Und ein solcher ist es auch. Schließlich erschallt der laute Ruf nach Zugabe ja nicht grundlos.