Im Grunde sei es so ähnlich wie bei Autos, sagt Oliver Wasilesku. Der Ingenieur sorge für die technischen Details des Gefährts und der Designer sei für dessen optische Unverkennbarkeit verantwortlich. Wasileskus Vergleich bietet sich an, denn der Pianist und Bandleader eröffnet an diesem Abend mit der SwingIN-Big-Band im Audi-Forum die dortige Jazzsaison.
Übertragen auf die Musik, die er dem zahlreich erschienenen Publikum zusammen mit dem 19-köpfigen Orchester anbietet, heißt das, dass es zwar – wie häufig bei Big Bands – auch hier auf den ersten Blick um Komponisten wie Count Basie, Duke Ellington und Oscar Peterson geht, im Eigentlichen aber letztendlich um die hinter ihnen stehenden Arrangeure, um die akustischen Designer also. Man erkannte die großen Orchester der Big-Band-Ära ja eigentlich weniger nur wegen des Namen ihres jeweiligen Leaders, sondern an ihrem Sound, und für den sind Leute wie Neal Hefti, Frank Foster und Sammy Nestico verantwortlich.
Es ist erstaunlich, dass eine Region wie die rund um Ingolstadt überhaupt den nötigen Fundus an geeigneten Musikern hat, um eine eigene Big Band auf die Beine zu stellen. Noch erstaunlicher ist, dass die Formation über diese Klasse verfügt. Natürlich bedient sie sich wie so viele andere auch bei der einschlägigen Big Band-Literatur, hat „All Of Me“, „Take The A-Train“ und „Mack The Knife“ im Programm, aber man muss eben auch diese Stücke immerhin erst einmal unverkrampft, locker und doch mit der erforderlichen Dynamik hinbekommen. Die Solisten erledigen ihre Parts zuverlässig, mit Angelina Siegert, von der sich sicherlich viele im Forum noch mehr Beiträge gewünscht hätten, verfügt sie über eine außergewöhnliche Sängerin, der rhythmische Motor läuft rund und die Bläserabteilungen greifen nahtlos ineinander.
So weit, so gut. Nach der Pause freilich schafft das Orchester etwas, was man von einer „durchschnittlichen“ Big Band nicht unbedingt erwarten kann. Sie wird von einer Coverband zu einer Formation mit eigenem Charakter. Stevie Wonders „I Wish“, das von der Rockband Toto bekannt gemachte „Africa“, Eddie Harris‘ „Cold Duck Time“ und die Titelmusik aus der TV-Serie „Hawaii Five-O“ spielt ja nun wahrlich nicht jede Big Band. Hier wird das gesamte Potenzial der Band erst in vollem Umfang hörbar, hier spielt sie sich endgültig frei und man hat den Eindruck, bei diesen Nummern fühlen sich alle Beteiligten besonders wohl.
Diese Band ist es wahrlich wert, dass man sie im Auge behält. Vielleicht ist die Formation ja gerade mit der Übernahme der für dieses Format eher unüblichen Stücke sogar auf dem richtigen Weg hin zu akustischer Unverwechselbarkeit. Die Zukunft wird es zeigen. Bei dem vorhandenen Potenzial kann man jedenfalls schon mal getrost davon ausgehen, dass man von ihr noch viel Erfreuliches zu hören bekommen wird.