Nachdem sie nun bereits zum vierten Male die Saison im Audi Forum eröffnet, womit ihre Auftritte dort allmählich zu einem jährlich wiederkehrenden Ritual werden, könnte man ja anführen, man kenne die SwingIN Big Band nun wirklich gut genug, um auf eines ihrer Konzerte auch mal verzichten zu können. Könnte man natürlich. Nur wäre das in höchstem Maße unklug, denn das Orchester mit Musikern aus Ingolstadt und Umgebung ist jedes Jahr erneut für Überraschungen gut.
Das weiß wohl auch ihre treue Gefolgschaft, die wieder einmal für ein ausverkauftes Haus sorgt und damit nicht nur das Können der Akteure des diesmal bis zu 20 Musiker und Musikerinnen umfassenden Klangkörpers honoriert, sondern auch deren Sound und das immense Engagement, das notwendig ist, will man ein dermaßen großes Ensemble am Laufen halten. Oliver Wasilesku leitet vom Piano aus die Band, Posaunist Erhard Rigol zeichnet für die Setlist verantwortlich, Mirelle Hanke stellt ihr Können als Gastsängerin zur Verfügung und Eduard Israelov fungiert als Zuarbeiter von Außen und schreibt kurzerhand auch mal selber der Band ein Arrangement auf den Leib, wenn gerade keines greifbar ist. Und die Musiker, wie immer in höchstem Maße konzentriert aber doch locker genug, um die Band gehörig zum Swingen zu bringen, spielen das, was Giganten wie Duke Ellington oder Benny Goodman komponiert und Stan Kenton, Neal Hefti oder Count Basie arrangiert haben, auf den Punkt.
Stücke aus der klassischen Goldenen Ära des Swing sind das eine, das spezielle Repertoire einer modernen Big Band wie der auf der Bühne des Audi Forums an diesem Abend ist das andere. In deren Repertoire finden sich mit Thelonious Monk’s „Well You Needn’t“, John Coltrane’s „Moments Notice“, Joe Zawinul’s „Mercy Mercy Mercy“ oder John Scofield’s „I’ll Take Les“ nach einem Arrangement von Michael Kamuf, auch immer wieder Stücke, die man nicht unbedingt von einer Big Band erwarten würde, was nicht nur stilistische Offenheit verrät, sondern auch eine gehörige Portion Mut, denn die Akkordverbindungen und die harmonische Struktur sind oft überaus anspruchsvoll. Ja, sogar Randy Newman’s „You’ve Got A Friend in Me“ und Aretha Franklin’s „Natural Woman“ machen sich im Sound der SwingIN Big Band ausnehmend gut und so bleibt der Zugaben-Schlenker hin zu Lady Gaga der einzige und deshalb zu vernachlässigende Fehlgriff in der Songauswahl.
Bleiben folgende Fragen: Was fällt den federführenden Leuten hinter der Band als nächstes ein? Und: Was darf man im nächsten Jahr erwarten? Wieder so ein vielfältiges Programm wie in diesem Jahr? Oder die Konzentration auf ein bestimmtes Thema? Mal ein Konzert ausschließlich mit Filmmusik-Klassikern? Oder eines als Würdigung eines ganz speziellen Arrangeurs? – Wie auch immer: Die Band hat mittlerweile ein Level erreicht und zeigt sich dermaßen souverän im Umgang mit den Vorgaben, dass man ihr fast alles zutraut. Die Saisoneröffnung 2024 war jedenfalls spannend, und es wird, wie die Zeichen stehen, 2025 vermutlich nicht anders werden. h