Genau so muss es sein, wenn es nach drei Monaten Sommerpause im Neuburg Birdland-Keller wieder losgeht. Ein voll besetztes Auditorium, heitere, freudige Grundstimmung im Publikum und auf der Bühne eine Band, die geradezu idealtypisch die feine, elegante Art des Mainstream-Jazz verkörpert. Wer sich diesen Abend gegönnt hat, der weiß, warum gerade dieser Neuburger Club weit über unsere Region hinaus ein herausragendes Renommee genießt.
Das Scott Hamilton European Quintet in der Besetzung Bernhard Pichl (Piano), Rudi Engel (Bass), Michael Keul (drums), Tizian Jost (Vibrafon) und dem Leader Scott Hamilton am Saxofon präsentiert sich als eine musikalische Einheit, wie man sie selten erleben kann. Natürlich kann sich jeder einzelne Jazzer ins seinen Soli persönlich mit seinen Qualitäten profilieren, natürlich hat jeder bei den improvisatorischen Ausflügen in die Weiten des Jazzuniversums seinen eigenen Stil. Aber auch wenn nur der Bass, das Vibrafon oder der Bösendorfer-Flügel zu hören ist, sind alle anderen musikalisch jederzeit mit dabei.
Wer gerade ein Solo in das Gewölbe stellt, dem hören die anderen vier auf eine Weise zu, als würden sie selbst gerade spielen, jeder freut sich als gerade aktiver Solist schon auf das, was bald vom nächsten zu hören sein wird. Diese fünf Jazzer sind verbunden zu einem Gesamtkunstwerk, das nie in einzeln stehende Elemente geteilt daherkommt.
Dieses Charakteristikum des Scott Hamilton European Quintet hat sehr viel mit der Art zu tun, wie hier gespielt wird. Hamilton selbst setzt mit seinem feinen, warmen, kammermusikalischen Spiel den Grundsound dieser Formation, die Mitstreiter greifen diese von Noblesse getragene Art auf und transformieren sie in die Klangfarben ihres Instruments. An diesem Abend kann man, beim Bassisten genauso wie beim Mann am Vibrafon, beim Schlagzeuger wie beim Tastenstreichler am Flügel erleben, wie viel musikalische Kraft gerade in den leisen Tönen liegt.
Ein Vibrafon kann schon einmal hart rüberkommen, wenn es mit zu wenig Feeling angeschlagen wird, aus der Ecke des Schlagzeugers sind bei vielen Formationen immer mal wieder ein paar unsensible Knaller zu vernehmen und das Klavier verführt nicht selten auch zum auftrumpfenden Akkord-Gedonner. Nichts Derartiges ist bei dieser Formation zu bemerken.
Die Balladen und die flotteren Standards interpretieren die Fünf auf der kleinen Bühne auf eine Art, dass man sich denkt: Ganz genau so sollten diese Stücke wie etwa „I think of You“, „Moon olve“oder „Theme from Swan Sea“ klingen. Als Ensemble produzieren die fünf Musiker einen nicht betörenden, perfekt abgestimmten Sound, getragen von einem Pianisten, der auf virtuoses Blendwerk verzichten kann und der Grandezza der Sax-Großmeisters Hamilton.
Wenn sich der Bandleader nach einem kleinen Solo wieder aus seinem Stuhl Platz nimmt, ist an seinem Mienenspiel abzulesen, wie selig er die Einfälle seiner Kollegen geradezu mitlebt. Oft bewegt er dann die Lippen zu einem stummen Gesang. Ein großes Kompliment an eine wunderbare Band von ihrem Leader.