Susan Weinert Global Playerns Trio | 24.03.2012

Augsburger Allgemeine | Reinhard Köchl
 

Solche Musiker nimmt man normalerweise in einem „richtigen“ Jazzclub nicht ernst. Kein Stallgeruch, keine dieser typischen Besetzungsformen, nicht einmal Standards oder die übliche Thema-Solo-Thema-Vorgehensweise. Weltmusiker halt, ein bisschen esoterisch angehaucht, auffallend unamerikanisch. Warum aber stehen dann derart viele „richtige“ Jazzfans auf die Gitarristin Susan Weinert, ihren Mann Martin am Kontrabass und den Perkussionisten Sebastian Flaig? Selbst der Birdland-Jazzclub in Neuburg ist an diesem Abend restlos ausverkauft, ihre CDs gehen weg wie die sprichwörtlichen warmen Semmeln. Clever um den Finger gewickelt? Oder was?

Die Wahrheit ist: Die Weinerts machten bereits Jazz, weit bevor dessen erlahmende Selbstheilungskräfte ihn dazu zwangen, sich für fremde Einflüsse zu öffnen. Sie erzählen Geschichten über „Pablo“ (Picasso) oder die „Innere Ruhe“, von Liebe, Fernweh, Abschied und Glück, improvisieren nach Herzenslust und überzeugen spätestens nach dem zweiten Song jeden Zweifler durch ihre ebenso filigrane wie virtuose Instrumenten-Handhabung.

Aber selbst wenn das wirklich Pop sein soll, was das Susan Weinert Global Players Trio da im Hofapothekenkeller über die Rampe schickt, dann ist es richtig guter Stoff. Interessant, lebendig, überraschend, undogmatisch, kurzweilig und doch anspruchsvoll. Emotional zwar, aber nur selten richtig kitschig, weil allein Susans Beiträge an der Gitarre ganze Schluchten voller raffinierter Geheimnisse öffnen. Die 47-jährige Saarländerin chargiert auf ihrer Akustischen zwischen knackigen  Bluesakkorden, fetten Funk-Grooves und dezenten elektronischen Soundfärbungen sowie sparsamen, aber dennoch intensiven Akkord-Einstreuungen. Wer dabei Pate stand, liegt auf der Hand: Die Jazz-Gitarrengötter Pat Metheny und Ralph Towner.

Gatte Martin erinnert derweil von der Farbigkeit seines Kontrabassspiels an den französischen Sound-Alchemisten Renaud Garcia-Fons. Mit Hilfe des Bogens produziert er noch nie zuvor gehörte Töne, greift sensibel auf klassische, orientalische oder jazzverwandte Momente um. Und dann noch der junge Sebastian Flaig, der lächelnd die Spontaneität der Weinerts („Jetzt spielen wir mal was, das kennt der Sebastian noch gar nicht!“) mit einem mystischen Panoptikum an Rhythmen, erzeugt mit einer grummelnden Teekanne oder einer raschelnden Muschelkette, kontert.

Wer während der zweistündigen Reise durch die wundersame Welt der Stile immer noch über Begrifflichkeiten sinniert, der bekommt zum Schlussakkord genau die richtige Antwort. Das Stück „Gießkanne“ widmet das Trio Birdland-Chef Manfred Rehm. Eine feinfühlige Reminiszenz an die guten, alten Jazzclubs, extrem swingend, mit einem Walking Bass allererster Güte und derart kunstvoll verästelten Gitarrenläufen, wie sie zuletzt Joe Pass vor 21 Jahren an gleicher Stelle präsentierte. Alles fügt sich irgendwie.