Straight Six | 06.05.2005

Neuburger Rundschau | Dr. Tobias Böcker
 

Was hebt einen solchen Jazzabend über ein gepflegtes Altherrenkonzert hinaus? Der Tick, der das Ohr bei munter und fußwippend dahinswingenden Standards aufhorchen lässt: Dusko Goykovichs unverkennbare Trompete, Mads Vindings markanter Bass, Adrian Mears feuerspuckende Posaune. Womit die drei Aktivposten der Straight Six im Birdland Jazzclub genannt wären.

Manchmal braucht es einen Kick, um in ein Konzert richtig hineinzufinden. Ohne Zweifel sind die Soli von Adrian Mears geeignet, einen solchen Kick zu provozieren. Der Australier reiht seine Töne mit derart viel Feuer und Attacke aneinander, dass er ein ums andere Mal wie ein Antriebsaggregat für die ganze Band wirkt, ein Turbolader, wo andere noch mit dem Holzvergaser einherzuckeln. Carla Bleys „Sing me Softly of the Blues“ gewinnt Momente wuchtiger Präsenz in der Posaune des Mannes von down under, jene Unberechenbarkeit, die die Essenz des Jazz ausmacht. Mears Solofeature am Didgeridoo, unterstützt vom hierbei profiliert aufspielenden Bruno Castellucci am Schlagzeug, sucht seinesgleichen, klingt wie eine Abenteuerreise quer durch den Busch des fünften Kontinents. Mads Vindings Bass mit dem vollen Ton und dem knackigen Pizzicato steht bereit, zumindest ein gut Teil der Lücke zu schließen, die der Tod seines großen Landsmannes Niels-Henning Ørsted-Pedersen gerissen hat. Sein Bass-Linien sind stabil, folgerichtig, klar und halten den Groove stets auf der Höhe des Geschehens.

Dusko Goykovichs in Neuburg wohlbekannte Kunst an Trompete und Flügelhorn steht ohnehin außer Frage. Der Grandseigneur aus Bebop-City bläst nach wie vor so rasante Läufe und schneidige Highnotes, sei es in Dizzy Gillespies „Con Alma“ oder Stanley Turrentines „Sugar“, wie er mit dem Dämpfer samtige Balladen von sanft schimmernder Schönheit in den Keller zaubert: „I Fall in Love too Easily“. Heinz von Herrmann schließlich, der an diesem Abend am Saxophon eher Konventionelles vom Stapel lässt, entpuppt sich an der Flöte als phantasievoller Solist, und Jörg Reiters Piano findet mit dynamischem Anschlag mehr und mehr Bindung zum Geschehen. Hinzu gegeben werden satte Bläsersätze in schnittigen Arrangements, die schillernde Klangfarben zu prachtvollem Leuchten bringen. So kommt es, dass die „Salt Peanuts“ zum Schluss wie mit einem guten Schuss Pfeffer in den Keller gestreut werden.